Corona-Maßnahmen auch bei niedriger Impfquote aufheben? So halten es andere Länder
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Menschen sitzen im Stadtzentrum von Stockholm auf der Terrasse eines Restaurants. Schweden hatte während der Pandemie nur wenig staatliche Zwangsmaßnahmen verordnet. Nun kündigte das Land die Aufhebung der letzten Corona-Regeln an.
© Quelle: Anders Wiklund/AP/TT NEWS AGENCY
In Deutschland sind Forderungen nach einem Corona-Ausstieg laut geworden. Kassenärztechef Andreas Gassen hatte den Vorschlag eines „Freedom Days“ am 30. Oktober gemacht, bei dem alle Corona-Beschränkungen fallen sollen. Doch daran gab es auch schnell Kritik: Die Impfquote sei noch viel zu niedrig, um beispielsweise Maßnahmen wie die Maskenpflicht in Innenräumen aufzuheben, sagte die Vorsitzende des Marburger Bunds, Susanne Johna, dem RND.
In Dänemark, wo keine Maßnahmen mehr gelten, liegt die Impfquote bei rund 75 Prozent. Einige Länder haben dagegen auch bei niedriger Impfquote verschiedene Maßnahmen aufgehoben oder verzichten auf 2G- beziehungsweise 3G-Regeln. Ein Blick auf Spanien, Großbritannien und Schweden.
In Spanien gelten bereits seit dem Ende des Lockdowns im Frühjahr nur noch wenige Corona-Beschränkungen. Für den Besuch von Restaurants und Veranstaltungen muss kein Gesundheitspass vorgezeigt werden und es müssen auch keine Personendaten hinterlegt werden. Es bleiben die Maskenpflicht in bestimmten Bereichen und Beschränkungen und Hygieneregeln für Großveranstaltungen und Gruppenzusammenkünfte. Nächtliche Ausgangssperren (meist von 1 bis 6 Uhr) galten vorübergehend noch in einigen Gemeinden, wurden nun aber weitgehend aufgehoben.
Selbst als im Juli die Sieben-Tage-Inzidenz kurzzeitig bei knapp 400 lag, wollte Galicien als einzige Region in stark betroffenen Städten ein Covid-Zertifikat und auch eine Testpflicht für Ungeimpfte einzuführen. Doch der galicische Obere Gerichtshof hatte diese Regel im August wieder kassiert. Die Impfquote in Spanien lag damals bei rund 62 Prozent, war also niedriger als die aktuelle Quote in Deutschland. Das Infektionsgeschehen ist in Spanien abgeflacht. Die Zahl der Neuansteckungen ist seit der zweiten Julihälfte rückläufig, die Zahl der Todesfälle sinkt seit Anfang September kontinuierlich.
England verzichtet auf angekündigte Impfnachweis beim Club-Besuch
In Großbritannien wurde am 19. Juli der „Freedom Day“ begangen, zu dem fast alle Corona-Maßnahmen aufgehoben wurden. Der Besuch von Bars, Restaurants und auch Diskotheken ist dort ohne Impfung, frischen Genesungsnachweis oder Test möglich und soll es weiterhin bleiben, zumindest im größten britischen Landesteil England. Die Regierung hatte zunächst angekündigt, ab Oktober beim Besuch von Diskotheken oder Großveranstaltungen einen Impfnachweis zu verlangen, diesen Plan aber nun fallengelassen. Lediglich Schottland hält daran fest, in Wales sollen Geimpfte, Genesene und negativ Getestete Zutritt zu Clubs haben.
Als sich Großbritannien zum Corona-Ausstieg entschlossen hatte, waren nur 54 Prozent der britischen Gesamtbevölkerung vollständig geimpft – fast 10 Prozent weniger als derzeit in Deutschland. Die Inzidenz lag damals bei 466 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Doch die britische Regierung setzte darauf, dass durch die Impfung der Hauptrisikogruppen immer weniger Menschen schwer erkranken, was sich bisher bestätigt hat. Obwohl die Zahl der Neuinfektionen in Großbritannien in den vergangenen Wochen ähnlich hoch war, wie noch während der letzten Welle im Winter, sterben deutlich weniger Menschen. Momentan sterben durchschnittlich 140 Briten und Britinnen pro Tag an oder mit dem Coronavirus, bei rund 66 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen. Im Januar waren es bis zu 1200 täglich.
Schweden verzichtet auf Gesundheitspass und hebt Maßnahmen auf
Von Beginn an nur wenig staatliche Zwangsmaßnahmen hatte es in Schweden gegeben. Auch ein Gesundheitspass wurde dort nie eingeführt. Nun kündigte das Land an, es Dänemark gleich zu tun und Ende September die verbliebenen Beschränkungen aufzuheben: Dazu gehört die Begrenzung der Personenzahl bei Veranstaltungen oder in Restaurants. Bis heute sind in Schweden nur etwa 60 Prozent der Bevölkerung geimpft, also weniger als in Deutschland, wo 63 Prozent der Gesamtbevölkerung geimpft sind. Pro Tag sterben in Schweden durchschnittlich 10 Menschen an oder mit dem Coronavirus, bei einer Bevölkerung von etwa 10,2 Millionen.