Lolli-Pool-PCR-Tests: Wie praktikabel sind sie in Schulen und Kitas?

Schülerinnen einer Grundschule in Nordrhein-Westfalen machen den Lollitest.

Schülerinnen einer Grundschule in Nordrhein-Westfalen machen den Lollitest.

Damit Schulen und Kitas im Herbst, wenn die Infektionszahlen nach Einschätzung von Expertinnen und Experten wieder stark steigen werden, ihren Betrieb nicht einstellen müssen, empfiehlt das Robert Koch-Institut (RKI) PCR-Pooltestungen. Genauer gesagt sollen sogenannte Lollitests eingesetzt werden, um asymptomatische Infektionen zu entdecken. Dieses Testverfahren sei zuverlässiger als die bisher verwendeten Antigenschnelltests, teilte die Behörde Anfang Juli mit. Die Schnelltests haben meist eine geringere Spezifität und Sensitivität als PCR-Tests. Das bedeutet, es muss mit mehr falsch positiven und falsch negativen Ergebnissen gerechnet werden.

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Virologin Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Institut für Infektionsforschung begrüßt den Einsatz dieser Tests in den Bildungseinrichtungen. Sie seien ein „sehr gutes Mittel, um die Kurve flach und den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten“, schrieb sie am Montag auf Twitter. „Liebe Kultusministerinnen und Kultusminister, that’s the way to go!“

Brinkmann: Antigenschnelltests sind fehleranfälliger

Brinkmann hatte sich bereits im RND-Interview Anfang Juli für Lolli-Pool-PCR-Tests in Schulen und Kitas starkgemacht: „Ein fantastisches Tool bei der derzeitigen niedrigen Inzidenz, das sehr effektiv ist, wenn es regelmäßig durchgeführt wird.“ Das Problem bei den Selbsttests, die Schülerinnen und Schüler derzeit nutzen, sei, dass es keine Kontrolle gebe, ob der Abstrich korrekt durchgeführt wurde. „Etwas unangenehm ist die Probennahme auch, und sie springen nur an, wenn eine Person in genau diesem Moment relativ hohe Virusmengen an der Abstrichstelle hat“, so die Virologin.

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Bei den Lollitests müssen die Kinder und Jugendlichen für circa 30 Sekunden an einem Wattestäbchen lutschen wie an einem Lolli. Die Proben einer Schulkasse oder Kita-Gruppe werden dann in einem gemeinsamen Proberöhrchen gesammelt, ins Labor gebracht und dort am selben Tag noch mithilfe der PCR-Methode ausgewertet. Jede und jeder Getestete bekommt einen weiteren Lollitest für zu Hause.

Fällt die Pooltestung positiv aus, also werden Infektionen mit dem Coronavirus nachgewiesen, muss am nächsten Morgen ein weiterer Lollitest zu Hause durchgeführt werden. Die Probe soll anschließend in die Schule oder Kita gebracht werden, von wo aus sie ins Labor transportiert wird. Dort wird nun jeder Test einzeln mit der PCR-Methode untersucht (Poolauflösung), um die infizierten Kinder und Jugendlichen zu identifizieren.

Kita-Studie: Lollimethode für breite Anwendung geeignet

Von September 2020 bis März 2021 wurde die Lolli-Pool-PCR-Testmethode von 32 Kitas in Köln getestet. Sie erwies sich als „praktikabel und wurde sowohl von Kindern als auch Erwachsenen sehr gut akzeptiert“, heißt es in einer Studie, die im Epidemiologischen Bulletin (32/2021) erschienen ist.

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Bei 99 von 122 akut infizierten Probandinnen und Probanden, die morgens vor dem Frühstück und vor dem Zähneputzen getestet wurden, konnten die Lollitests das Coronavirus zuverlässig nachweisen. Je höher die Viruslast war, desto besser funktionierte dies. Das RKI geht folglich davon aus, „dass die Lollimethode eine Grundlage für ein breit anwendbares und systematisches Testkonzept in Kitas und Schulen darstellen kann“.

Laborverband befürchtet „erhebliche logistische Herausforderungen“

Der Verband der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) spricht in diesem Zusammenhang von einem „positiven Beitrag in der Teststrategie“. „Die Pool-PCR-Testungen können einen wertvollen und wichtigen Zusatzbeitrag zur Aufdeckung von Infektionen, insbesondere vor dem Auftreten von Symptomen, leisten“, teilte die Vereinigung auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) mit. Sie wies jedoch darauf hin, dass ein flächendeckender Einsatz der Tests „erhebliche logistische Herausforderungen“ bedeuten würde. Für eine sorgfältige Planung und Organisation brauche es „einen Vorlauf von einigen Wochen“.

Um zu veranschaulichen, was regelmäßige PCR-Pooltestungen für die Labore in Deutschland bedeuten würden, führte der ALM folgendes Rechenbeispiel an:

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Angenommen, die PCR-Pooltests kämen zweimal wöchentlich in allen Grundschulen und bei allen Kita-Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren zum Einsatz, würden allein dafür rund 800.000 zusätzliche PCR-Untersuchungen anfallen. Aktuell würden etwa 600.000 PCR-Tests in der Woche benötigt. Es gäbe also einen Gesamtbedarf von circa 1,4 Millionen PCR-Testungen in der Woche. Die Testkapazitäten der Labore liegen laut ALM-Angaben kontinuierlich bei zwei bis 2,3 Millionen Tests pro Woche und wären somit für die zusätzlichen PCR-Pooltestungen ausreichend.

„Mit Blick auf das aktuell wieder deutlich zunehmende Infektionsgeschehen ist jedoch mit einem insgesamt erhöhten PCR-Test-Bedarf zu rechnen“, teilte der Verband gegenüber dem RND mit. Seiner Ansicht nach seien PCR-Pooltests nur dann sinnvoll, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz niedrig ist. „Bei einer zunehmenden Zahl an Neuinfektionen, also steigender Inzidenz, ist auch zu erwarten, dass mehr Pool-PCR-Testungen positiv ausfallen, was in der Folge die Einzeltestung aller Personen, deren Probe im Pool untersucht wurde, nach sich ziehen würde.“ Bei knapper werdenden PCR-Test-Kapazitäten müsse letztlich auf die Antigenschnelltests zurückgegriffen werden.

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