Corona-Impfstoffe: Wie lange schützen sie vor Infektionen und schweren Verläufen?

Eine Impfspritze wird vorbereitet.

Eine Impfspritze wird vorbereitet.

Zweimal geimpft und für immer geschützt – so leicht macht es uns das Coronavirus leider nicht. Die Impfstoffe, die gegen den Krankheits­erreger zur Verfügung stehen, schützen zwar allesamt sehr gut vor Infektionen, schwerer Erkrankung und Tod, wie Daten des Robert Koch-Instituts zeigen. Allerdings legen inzwischen mehrere internationale Studien nahe, dass der Schutz mit der Zeit nachlässt.

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Wie schnell die Wirksamkeit der Vakzine von Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca schwindet, haben Forschende der schwedischen Universität Umeå untersucht. Ihre Ergebnisse wurden bislang nur in Form eines Preprints veröffentlicht, das heißt, sie müssen noch von unabhängigen Expertinnen und Experten überprüft werden. Sollten sie sich bestätigen, wären sie ein weiterer Beweis dafür, dass Geimpfte nach einiger Zeit eine Booster-Impfung benötigen.

Impfschutz von mRNA-Impfstoffen hält länger an

Das Team um Peter Nordström hatte mehr als 842.000 Geimpfte mit ebenso vielen Ungeimpften verglichen. Jeder geimpften Person wurde eine ungeimpfte zugeordnet, die sich in Alter, Geschlecht und Wohnort ähnelte. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erfassten im Zeitraum vom 12. Januar bis 4. Oktober 2021 die Fälle von symptomatischen Infektionen und schweren Krankheits­verläufen, die in beiden Gruppen auftraten.

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So konnten sie Aussagen über die Dauer der Wirksamkeit der Impfstoffe treffen. Die mRNA-Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna wiesen etwa einen länger anhaltenden Schutz vor symptomatischen Infektionen auf als das Vektorpräparat von Astrazeneca, wie folgende Grafik verdeutlicht:

Biontech: nach sieben Monaten noch 23-prozentiger Schutz gegen Infektionen

Der Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer hatte anfangs eine mehr als 90-prozentige Wirksamkeit gegen symptomatische Infektionen, die schrittweise abnahm. Vier bis sechs Monate später betrug der Schutz nur noch 47 Prozent; nach sieben Monaten sei mit 23 Prozent keine Wirksamkeit gegen symptomatische Infektionen mehr festgestellt worden, schreiben die schwedischen Forscherinnen und Forscher. Das heißt aber nicht, dass die Impfung nicht mehr gegen schwere Verläufe schützt.

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Der Impfschutz des Wirkstoffs von Moderna ließ wiederum etwas langsamer nach als der des Biontech-Vakzins. Nach sechs bis sieben Monaten lag er bei 59 Prozent. Deutlich schneller nahm die Effektivität des Impfstoffs von Astrazeneca ab. Noch mit 68-prozentigem Schutz vor symptomatischer Infektion gestartet war nach ungefähr vier bis sechs Monaten gar keine Wirksamkeit gegen symptomatische Infektionen mehr nachweisbar. Stattdessen hatten Geimpfte wieder ein erhöhtes Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren und Symptome zu entwickeln (in der Grafik ist dies mit -19 Prozent angegeben). Das liegt nicht daran, dass die Impfung sie „anfälliger“ für eine Infektion machte oder sogar schädlich ist. Stattdessen kann es mehrere Gründe geben, warum sich diese Personen in der Studie häufiger infizierten, zum Beispiel, dass sie sich leichtsinniger verhielten, weil sie davon ausgingen, geschützt zu sein.

Kreuzimpfung überzeugt

Besser schnitt dagegen die Kreuzimpfung ab – also die Kombination aus Astrazeneca und einem mRNA-Impfstoff. Bis zu sechs Monate blieb der Impfschutz gegen symptomatische Infektionen erhalten. Die Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs von Johnson & Johnson wurde in der Studie hingegen nicht untersucht.

Je länger die Zweitimpfung zurückliegt, desto größer wird also bei allen Impfstoffen die Wahrscheinlichkeit, dass Geimpfte sich mit dem Coronavirus infizieren und Symptome wie Husten, Schnupfen oder Fieber entwickeln – also dass es zu einer Durchbruchs­infektion kommt. Damit sind die Vakzine aber keineswegs unwirksam, denn sie bieten immer noch einen ausreichenden Schutz vor schweren Krankheits­verläufen, wie die Studie ferner zeigen konnte.

Der Schutz vor schwerer Erkrankung erwies sich bei den untersuchten Impfstoffen als recht stabil: von anfänglich rund 89 Prozent Effektivität auf circa 42 Prozent nach sechs Monaten. Die Forscherinnen und Forscher geben in ihrer Studie sogar an, dass eine Impfung bis zu neun Monate lang auf einem hohen Niveau vor schweren Verläufen schützen könne. Bei Männern, Älteren und Personen mit Begleit­erkrankungen könne die Schutzdauer etwas geringer ausfallen, schreiben sie. Eine Aufschlüsselung nach einzelnen Impfstoffen gibt es wegen geringer Fallzahlen nicht.

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RKI rät zu harten Maßnahmen: Veranstaltungen absagen und Kontakte reduzieren
08.11.2021, Bayern, Pfarrkirchen: Eine FFP2-Maske liegt auf einem Weg in der Innenstadt. F��r den Landkreis Rottal-Inn gab das RKI am Montag eine Inzidenz von 833,3 an - der zweith��chste Wert bundesweit, dicht gefolgt vom Landkreis M��hldorf am Inn mit 831. Foto: Armin Weigel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Angesichts der rasch steigenden Corona-Zahlen rät das RKI zu harten Maßnahmen. Auch Geimpfte sollten sich schützen.

Das muss bei der Interpretation der Studie beachtet werden

Die Studie muss insgesamt jedoch mit Vorsicht interpretiert werden. Zum einen handelt es sich – wie oben beschrieben – um ein Preprint. Um die Aussagekraft der Untersuchung einordnen zu können, muss also die Überprüfung abgewartet werden. Zum anderen beeinflusst das Verhalten der Studien­teilnehmerinnen und Studien­teilnehmer die Effektivität der Impfstoffe. Sind Geimpfte beispielsweise zu sorglos, haben sie ein höheres Infektions­risiko, sodass es zu Durchbruchs­infektionen kommen kann.

Aber auch der Beobachtungs­zeitraum könnte eine Rolle bei der Wirksamkeit der Impfstoffe spielen. Denn im Januar, dem Start­zeitpunkt der Studie, war die Delta-Variante, die derzeit in Europa vorherrschend ist, noch gar nicht auf dem Kontinent verbreitet. Das heißt, Ursache des nachlassenden Impfschutzes könnte nicht nur eine schwindende Wirkung der Impfung sein, sondern auch eine verstärkte Ausbreitung der Delta-Variante.

Außerdem handelt es sich um eine lokale Untersuchung. Die Daten, die das Forscherteam nutzte, stammen allesamt vom statistischen Zentralamt von Schweden. Ob die Ergebnisse auf andere Länder übertragbar sind, ist fraglich.

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Dritte Impfdosis zur Auffrischung notwendig

Nichtsdestotrotz sind die Erkenntnisse mit anderen internationalen Studien vergleichbar. Auch Untersuchungen aus Israel und Deutschland haben etwa gezeigt, dass die Wirksamkeit der Impfungen mit der Zeit nachlässt.

Je schneller man boostert, desto früher kann die Welle gebrochen werden.

Aus dem Positionspapier „Nachhaltige Strategien gegen die Covid-19-Pandemie in Deutschland im Winter 2021/2022“

Deshalb rät etwa die Ständige Impfkommission zu Booster-Impfungen. Vor allem vulnerable Personen wie über 70-Jährige, Immun­geschwächte und Personen, die Kontakt zu Risiko­gruppen haben, sollten sich nach Einschätzung des Experten­gremiums sechs Monate nach der Zweitimpfung ein weiteres Mal impfen lassen.

Booster-Kampagne in Deutschland stockt

Bislang schreitet die Booster-Kampagne in Deutschland nur schleppend voran. Gerade einmal 3,6 Millionen Menschen haben bis jetzt eine weitere Impfdosis bekommen, wie aus den Daten des offiziellen Impfdashboards hervorgeht.

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„Eine Drittimpfung erhöht den Schutz gegen schweren Verlauf und Ansteckung nochmal um circa einen Faktor zehn“, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Positions­papier eines interdisziplinären Teams, bestehend aus deutschen Corona-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern. Sie sehen eine flächendeckende, schnelle Booster-Kampagne als das wichtigste Mittel gegen die vierte Infektionswelle an, die zurzeit über Deutschland schwappt. „Je schneller man boostert, desto früher kann die Welle gebrochen werden.“

Wir haben diesen Text am 16. November aktualisiert.

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