Corona-Impfung: Können Geimpfte noch infektiös sein?
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Die Impfstoffe von Biontech und Pfizer sowie Moderna sind in der EU bisher noch nicht zugelassen.
© Quelle: imago images/i Images
Am Dienstagmorgen hat Großbritannien mit den flächendeckenden Impfungen gegen das Coronavirus begonnen. Margaret Keenan war die erste Britin, die um 6.30 Uhr Ortszeit den Corona-Impfstoff der Mainzer Firma Biontech und des US-Pharmariesen Pfizer erhalten hat. Mitte November hatten die beiden Unternehmen erste Ergebnisse der klinischen Phase-III-Studie präsentiert – und mit einer Wirksamkeitsrate von 95 Prozent für ihren mRNA-Impfstoff geworben.
Auch das Vakzin des US-Pharmakonzerns Moderna wies in den Studien mit rund 94 Prozent eine hohe Wirksamkeit auf. Doch was bedeuten diese Werte eigentlich? Verhindern die Impfstoffe eine Infektion mit Sars-CoV-2 oder die Krankheit Covid-19? Und: Können Geimpfte die Abstands- und Hygieneregeln vernachlässigen?
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Impfstoffe verhindern Covid-19-Erkrankung
Biontech und Pfizer sowie Moderna hatten Ende Juli mit ihren klinischen Phase-III-Studien begonnen. In diesen Studien wird ein Impfstoff mehreren Tausend Probanden verabreicht, um dessen Verträglichkeit und Wirksamkeit genauer zu untersuchen. Bei beiden Corona-Impfstoffen konnte nachgewiesen werden, dass sie eine Covid-19-Erkrankung verhindern können.
Aber: „Das Design der Studien lässt keine Aussage zu der Frage zu, ob die Impfung auch symptomlos verlaufende Infektionen und damit die mögliche Weitergabe des Erregers verhindert“, sagt Prof. Christian Bogdan, Direktor des Instituts für Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene an der Uniklinik Erlangen und Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko).
Ältere Menschen und medizinisches Personal sollen zuerst geimpft werden
Das bedeutet, dass Geimpfte zwar nicht an Covid-19 klinisch erkranken, das Coronavirus aber möglicherweise für kurze Zeit in sich tragen und so andere Menschen infizieren könnten. „Deswegen ist es so wichtig, dass derzeit unter anderem diejenigen Menschen mit hoher Priorität geimpft werden, die nach einer Sars-CoV-2-Infektion ein hohes Risiko haben, schwer zu erkranken oder gar zu versterben“, sagt Bogdan. „Nur so können diese Menschen sicher geschützt werden.“
Die Corona-Impfempfehlungen der Stiko sehen zurzeit vor, dass zunächst Bewohner von Senioren- und Altenpflegeheimen, Personen im Alter von 80 Jahren und älter, Personal mit besonders hohem Ansteckungsrisiko in medizinischen Einrichtungen, Personal in medizinischen Einrichtungen mit engem Kontakt zu Risikogruppen, Pflegepersonal in der ambulanten und stationären Altenpflege sowie andere Tätige in Senioren- und Altenpflegeheimen mit Kontakt zu den Bewohnern bevorzugt geimpft werden sollen.
Corona: Diese Menschen sollen zuerst geimpft werden
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© Quelle: dpa
Impfstoff baut keinen „äußeren“ Schutz auf
Stiko-Mitglied Prof. Eva Hummers weist im RND-Interview ebenfalls auf das Risiko hin, dass gegen Covid-19 Geimpfte unter Umständen noch infektiös sein könnten: „Es ist nicht so, dass ein Impfstoff im Menschen einen ‚äußeren‘ Schutz aufbaut. Das Virus kann weiterhin in den Körper hineingelangen. Die schützenden Antikörper werden erst danach aktiv und fangen an, den Erreger abzuwehren.“
Die Allgemeinmedizinerin spricht in diesem Zusammenhang von einem „Wettlauf mit der Zeit“. Wenn die Bildung von Antikörpern und andere Immunreaktionen länger dauerten, „können zwischenzeitlich womöglich noch Viren ausgeschieden beziehungsweise ausgehustet werden“.
Impfstoff von Astra Zeneca sei „sicher und hochwirksam“
Am Dienstag haben auch Forscher der Oxford-Universität, die mit dem Pharmakonzern Astra Zeneca an einem Corona-Impfstoff arbeiten, Studienergebnisse aus der Phase III veröffentlicht. In der Fachzeitschrift „The Lancet“ beschreiben sie ihren Vektorimpfstoff ChAdOx1nCoV-19 (AZD1222) als „sicher und hochwirksam“. Demnach bietet das Vakzin einen rund 70-prozentigen Schutz vor Covid-19. Ein Dosierungsfehler hatte schließlich gezeigt, dass AZD1222 noch wirksamer ist, wenn zuerst eine halbe Impfdosis statt einer ganzen verabreicht wird.
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Eine schwächere Impfbilanz war hingegen bei Infektionen mit Sars-CoV-2 nachweisbar, die asymptomatisch verliefen: Wöchentliche Tests der Teilnehmer ergaben, dass sich 29 von rund 3300 Probanden (0,9 Prozent) trotz Impfung infizierten. In der ähnlich großen Kontrollgruppe waren es 40 (1,2 Prozent). Das entspricht einer Schutzwirkung von 27 Prozent. Das heißt, eine Impfung verhindert wohl nicht das Auftreten von symptomlos verlaufenden Infektionen – und damit eine mögliche Übertragung des Virus auf andere Menschen.
Abstands- und Hygieneregeln sind auch nach der Impfung wichtig
Prof. Thomas Kamradt spricht in diesem Zusammenhang von einem „überraschenden Befund“. Bis zur Veröffentlichung dieser Daten war der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Immunologie davon ausgegangen, dass Geimpfte die Erkrankung nicht übertragen können. Er bezog sich dabei auf Erfahrungen mit anderen Impfstoffen.
Die Ergebnisse der Impfstudien von Astra Zeneca würden jetzt wiederum nahelegen, dass der Vektorimpfstoff die Geimpften zwar vor Covid-19 schützt, „aber die gesellschaftliche Wirkung, die man sich von einem Impfstoff erhofft, dass man selbst nicht erkranken kann und das Virus auch nicht überträgt, ist zumindest nicht zu 100 Prozent gegeben“. Ob dies auf das Impfprinzip oder das Coronavirus zurückzuführen ist, sei bislang noch unklar.
Sollten Geimpfte andere wirklich anstecken können, dürften Abstands- und Hygieneregeln vorerst unverzichtbar bleiben. Julia Neufeind, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet Impfprävention am Robert-Koch-Institut, sagte dem Science Media Center: „Das Einhalten von Hygieneregeln wird erst einmal eine wichtige Vorsichtsmaßnahme bleiben, um Ansteckungen zu verhindern.“