Nebenwirkungen bei Corona-Impfung: Medikament als Alternative wäre „ein Trugschluss“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/TJM54QZCSFGQVOIAKNUBKSOD2A.jpeg)
Die beste Prophylaxe gegen Covid-19 ist die Impfung. Eine Behandlung auf Intensivstation zieht oft für lange Zeit Folgeerkrankungen nach sich.
© Quelle: Danny Gohlke/dpa
Ein Bild kursiert derzeit in den sozialen Medien, das auch Deutschlands Topvirologe Christian Drosten von der Berliner Charité bei Twitter geteilt hat. „Das ist sehr eindrücklich“, tweetete Drosten dazu. „Diejenigen, an die diese Botschaft geht, wissen wahrscheinlich gar nichts über die Nebenwirkungen und Folgen der Medikamente unten links und rechts im Bild.“
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Gepostet wurde es von Dr. David Frocester, der am Gloucestershire Royal Hospital in Großbritannien auf einer Intensivstation arbeitet. Darauf zu sehen sind jede Menge Medikamente. Diese seien allesamt erforderlich, um einen Patienten mit Covid-19 für einen Tag auf Intensivstation zu behandeln, schrieb er. Verhindern lasse sich das durch die Impfung.
Aktuelle Umfragen, wie etwa Cosmo an der Universität Erfurt, zeigen, dass Menschen mit niedriger Impfbereitschaft und Impfverweigerer oft weniger Vertrauen in die Sicherheit der Impfung gegen Covid-19 haben und Nebenwirkungen fürchten. Derzeit sind laut Impfdashboard bundesweit 33 Prozent nicht geimpft.
Medikamente zur Behandlung von Covid-19 haben Nebenwirkungen
Dabei birgt gerade auch die Behandlung auf Intensivstation medikamentöse Risiken. Auf dem vom Intensivmediziner geteilten Bild ist beispielsweise das Mittel Alfentanil zu sehen, ein Opioid, das in der Anästhesie verwendet wird. Nebenwirkungen können beispielsweise ein Abflachen der Atmung, Verhärtung der Muskulatur und Herzerkrankungen sein. Zu sehen ist auch das Medikament Midazolam, ein stark wirksames Beruhigungsmittel, das gegen Krampfanfälle eingesetzt wird. Auf der Liste der möglichen Nebenwirkungen stehen Hautrötungen, Halluzinationen, Änderung der Herzschlagfolge bis hin zum Herzstillstand.
Alle Patientinnen und Patienten mit schwerem Erkrankungsverlauf erhalten in Deutschland laut medizinischer Richtlinie auf Intensivstation zudem Dexamethason, ein Steroid-Medikament, das das Sterberisiko bei künstlicher Beatmung und Sauerstoffgabe nachweislich senken kann. Nebenwirkungen können auch hier, je nach Dosierung, beispielsweise Muskelerkrankungen, Gefäßerkrankungen und eine Beeinträchtigung des Nervensystems sein.
Covid-19-Erkrankte auf Intensivstation: Die Liste der Langzeitfolgen ist lang
Auch SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach verbreitete das Bild des britischen Intensivmediziners auf seinem Account. „Sehr gute Darstellung“, schrieb er dazu. „Derjenige, dem die Impfung zu gefährlich erscheint, muss bei schwerer Infektion mit den ‚langfristigen Nebenwirkungen‘ all dieser Medikamente rechnen.“ Das sei nur die Tagesdosis und nicht komplett. „Von den Nebenwirkungen von Covid selbst einmal abzusehen“, betonte der Corona-Experte.
Damit spielt Lauterbach auf die Liste der covidbedingten Nebenwirkungen an. Die ist laut RKI-Steckbrief zu Covid-19 in der Tat lang: organspezifische Langzeitfolgen nach längerer Intensivbehandlung, Schäden an der Niere, Verschlechterung der Lungenfunktion, Herzmuskelentzündung, Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit, Kurzatmigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Schlafstörungen, Muskelschwäche und -schmerzen bis hin zu psychischen Problemen wie Depression und Ängstlichkeit.
Die Behandlung auf der Intensivstation hinterlässt auch Spuren, weil sie deutlich länger andauert als beispielsweise bei einer influenzabedingten Lungenentzündung: Im Schnitt befinden sich schwer an Covid-19 Erkrankte laut RKI 16 Tage auf der Intensivstation. Laut DIVI-Register werden zudem rund die Hälfte von ihnen invasiv beatmet. Was bedeutet, dass bei einem chirurgischen Eingriff ein direkter Zugang zur Luftröhre geschaffen wird, Luft über einen Schlauch direkt in die Lunge der Patientinnen und Patienten gepumpt wird, weil sie selbst nicht mehr richtig atmen können. Abgesehen vom invasiven Eingriff selbst werden auch dafür Medikamente mit potenziellen Nebenwirkungen verabreicht.
Es gibt kein Allheilmittel gegen Covid-19
Die beste Medizin bei Covid ist die Prophylaxe. Und das ist die Impfung.
Clemens Wendtner,
Infektiologe
All das lässt sich durch eine Impfung gegen Covid-19 vermeiden. „Covid-19 lässt sich medikamentös nicht heilen“, betonte vor wenigen Wochen Clemens Wendtner, Chefarzt der Klinik für Infektiologie an der München-Klinik Schwabing. Die therapeutischen Möglichkeiten seien weiterhin marginal. „Es wäre deshalb ein Trugschluss zu denken, dass es keine Impfung braucht, weil es im Notfall noch wirksame und gute Medikamente gäbe“, betonte der Experte im RND-Gespräch.
Zwar befinden sich derzeit vielversprechende Ansätze zur Behandlung von Covid-19 in der Entwicklung, etwa eine Corona-Pille von Pfizer, die – sollten sich die Ergebnisse bestätigen – bei Risikopatienten die Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs um bis zu 89 Prozent senken soll. Auch das Mittel Molnupiravir weckt Hoffnung, dass Corona-Infizierte das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs schon in frühem Stadium senken könnten. Trotzdem gilt aber laut Wendtner: „Die beste Medizin bei Covid ist die Prophylaxe. Und das ist die Impfung.“ Medikamente seien eine Ergänzung, beispielsweise für Menschen mit Immunschwäche, bei denen die Impfung nicht so gut wirken könne.
Impfung gegen Covid-19: Häufig Impfreaktionen, selten Komplikationen
Das Gute: Die zugelassenen mRNA-Impfstoffe sind sicher und verträglich. Sowohl die klinischen Studien der Impfstoffhersteller als auch die Auswertungen von für die Sicherheit der Vakzine zuständigen Behörden wie das Paul Ehrlich-Institut (PEI), die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) und die Ständige Impfkommission (Stiko) kommen zu diesem Ergebnis.
Kurzfristige Impfreaktionen wie etwa Muskelschmerzen, Schmerzen an der Einstichstelle oder Fieber sind zwar erwartbar. Über solche Symptome berichten Geimpfte sehr häufig. Sie klingen aber in der Regel nach kurzer Zeit wieder ab. Impfkomplikationen sind über das normale Maß einer Impfreaktion hinausgehende Folgen der Impfung. Sie belasten den Gesundheitszustand der geimpften Person deutlich. Und sie kommen seit Beginn der Impfkampagne Ende 2020 weltweit selten vor. Heißt: Einige wenige Fälle kommen auf rund 100.000 Geimpfte.
Dazu zählen beispielsweise Gesichtslähmungen, die sich in allen beobachteten Fällen nach einigen Wochen zurückbildeten. Allergische Reaktionen traten auf, die direkt ärztlich behandelt wurden. Zudem wurden Fälle von Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen (Myokarditis und Perikarditis) beobachtet, ebenfalls behandelbar, innerhalb von 14 Tagen nach der Impfung, häufiger nach der zweiten Impfung und häufiger bei jüngeren Männern. Nebenwirkungen, die unerwartet und erst mehrere Jahre nach der Impfung auftreten, sind dem RKI zufolge bei noch keiner Impfung beobachtet worden und sind auch bei den Covid-19-Impfstoffen nicht zu erwarten.
Wer nicht geimpft ist und sich bei steigenden Infektionszahlen in Deutschland auch wahrscheinlicher mit dem Coronavirus infiziert, erkrankt auch eher schwer an Covid-19 und muss im Krankenhaus behandelt werden. Insbesondere Ältere, Menschen mit Immunschwäche und bestimmten Vorerkrankungen wie etwa Adipositas, Bluthochdruck, Diabetes und Krebs haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf.