Astra Zeneca, Biontech, Moderna: Können die Impfstoffe die Corona-Pandemie stoppen?

Impfstoffe sind der Hoffnungsträger für ein Ende der Coronavirus-Pandemie.

Impfstoffe sind der Hoffnungsträger für ein Ende der Coronavirus-Pandemie.

Die Impfung wird kommen – und damit die Pandemiedynamik 2021 ein Stück weit ausbremsen können. Dieses Szenario wird immer realistischer, seit Impfstoffforscher im November einen vielversprechenden Verkündungsmarathon eingeläutet haben. In den letzten drei Wochen wurden Zwischenergebnisse drei aussichtsreicher Kandidaten veröffentlicht. Neben Biontech/Pfizer und Moderna hat jetzt auch noch der Hersteller Astra Zeneca nachgelegt, der mit Forschern der Universität Oxford kooperiert. Sein Corona-Impfstoff hat nach vorläufigen Erkenntnissen eine etwas geringere Erfolgsquote als die Konkurrenz – mit 70 bis 90 Prozent Wirksamkeit.

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Zum Vergleich: Die ebenfalls weit fortgeschrittenen Mittel der Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna melden in ihrer Zwischenauswertung aus finalen Phase-III-Studien eine Wirksamkeit von rund 95 Prozent. „AZD1222″ von Astra Zeneca ist Experten zufolge trotzdem vielversprechend – und unterscheidet sich nicht nur mit Blick auf die Effektivität.

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Wie wirksam sind die Impfstoffe gegen Covid-19?

Die Oxford-Forscher seien mit Blick auf die Studienergebnisse des Astra-Zeneca-Impfstoffes sehr zufrieden mit der hohen Erfolgsrate bei der Verabreichung des Impfstoffkandidaten, verkündete Chefwissenschaftler Andrew Pollard am Montag. „Diese Erkenntnisse zeigen, dass wir einen effektiven Impfstoff haben, der viele Leben retten wird.“ In Großbritannien und Brasilien wurden zwei verschiedene Varianten der Impfstoffgabe getestet. Einmal wurde erst eine halbe Dosis und dann eine ganze verabreicht, in der zweiten Phase waren es dann zwei volle Dosen. Bei der letzteren Variante lag die Effektivität bei 62 Prozent, bei der ersten bei über 90. Kombiniert man diese Werte, komme man auf rund 70 Prozent.

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Auch wenn die Effektivität ein wenig geringer erscheint als bei den mRNA-Impfstoffen, habe „AZD1222″ einen großen Vorteil. „Er ist robust und einfach in der Handhabung, quasi die ‚Arbeitsbiene‘ unter den potenziell verfügbaren Impfstoffen gegen Covid-19″, sagt Prof. Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin an der München Klinik Schwabing.

Wie entsteht ein Impfstoff?

Nach einem Impfstoff gegen Covid-19 wird unnachgiebig geforscht. Innerhalb von nur einem Jahr war bereits der erste Kandidat in der Zulassungsphase.

Für eine wirkliche Beurteilung brauche es aber „dringend detailliertere Daten“, forderte Prof. Gerd Fätkenheuer, Leiter der Infektiologie an der Klinik für Innere Medizin am Universitätsklinikum Köln. „Insgesamt ist es jedoch sehr erfreulich, dass jetzt bereits ein dritter Impfstoff kurz vor der Einführung steht.“ Für die baldige Überwindung der Covid-19-Pandemie mache das große Hoffnung. „Ermutigend“ findet die jüngste Verkündung auch Prof. Bernd Salzberger. Mit Astra Zeneca vergrößere sich das Arsenal an wirksamen Impfstoffen für eine breite weltweite Impfkampagne. Die unterschiedliche Effektivität in den unterschiedlichen Dosierungsschemata sei aber nicht unmittelbar zu erklären. „An dieser Stelle müssen weitere Analysen erfolgen beziehungsweise die Daten aus weiteren Studien abgewartet werden.“

Auch bei den Impfstoffen von Pfizer/Biontech und Moderna sprechen Wissenschaftler von grundsätzlich sehr ermutigenden Daten. „Ich rechne fest damit, dass die Impfstoffe funktionieren“, sagte Impfstoffforscher Erik Leif Sander von der Berliner Charité dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Über die hoch angegebene Effektivität sei er positiv überrascht und auch erleichtert. „Dass die Impfstoffe so gut funktionieren, habe ich nicht erwartet.“

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Was haben alle Impfstoffe gegen Covid-19 gemeinsam?

Sie richten sich im Grunde alle gegen das Spikeprotein.

Erik Leif Sander, Impfstoffforscher an der Charité Berlin

Ein großer Vorteil bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff: Es gibt bereits Erfahrungen mit anderen Sars- und Mers-Coronaviren. „Wissenschaftler weltweit gingen schon früh davon aus, dass sich neutralisierende Antikörper gegen das sogenannte Spikeprotein richten, und dieses daher ein guter Angriffspunkt für Impfstoffe sein könnte“, sagt Sander. Ein Großteil der Impfstoffe in Entwicklung verfolge deshalb dieselbe Strategie. „Sie richten sich im Grunde alle gegen das Spikeprotein“, erklärt der Impfstoffforscher. Dieses nutze Sars-CoV-2, um in Körperzellen in den Atemwegen eindringen zu können.

Ein Stück weit sei das riskant gewesen. Hätte sich bei den ersten Impfstoffzwischenauswertungen herausgestellt, dass diese Strategie nicht funktioniert, wäre es wahrscheinlich gewesen, dass viele Projekte nicht funktionieren. „Dies war aber nicht zu erwarten und ist ja glücklicherweise auch nicht eingetreten“, sagt Sander.

Auf welche Technologie setzen die Impfstoffhersteller?

  • Vektorimpfstoff: Der Astra-Zeneca-Impfstoff ist vektorbasiert und setzt auf ein bereits bei vielen Impfungen angewandtes Verfahren. Hierbei wird Corona-Erbmaterial mithilfe von genetisch veränderten Schimpansenviren eingeschleust. Es werden also abgeschwächte und ungefährliche Viren verwendet, um Erbinformationen des Coronavirus in die Körperzellen zu bringen. Diese produzieren daraufhin Virusproteine, was eine Reaktion des Immunsystems auslöst.
  • mRNA-Impfstoff: Die Mittel von Moderna und Biontech/Pfizer sind genbasiert und setzen auf eine noch nie zuvor am Menschen angewandte Technologie. Ein relativ einfaches Molekül stellt eine komplexe Infektion im Körper nach und löst daraufhin eine Immunantwort aus. Die Impfung verläuft dann wie ein sehr leichter Virusinfekt, der nach ein, zwei Tagen wieder vorbei ist.

Impfstoff liefern und lagern: Wer ist im Vorteil?

Einen klaren Vorteil hat der Astra-Zeneca-Impfstoff: Es braucht keine aufwendigen Kühlketten. Er kann den Angaben des Herstellers zufolge bei Kühlschranktemperaturen von zwei bis acht Grad aufbewahrt werden – und das für mindestens sechs Monate. „Dies dürfte Impfkampagnen in Ländern mit weniger Ressourcen für aufwendige Kühlketten erleichtern, nicht zuletzt wurde auch ein Großteil der Probanden in Südamerika in der Studie mit „AZD1222″ geimpft, sagt Infektiologe Wendtner. „Auch wird eine Produktion von bis zu drei Milliarden Impfdosen seitens der Firma in Aussicht gestellt – ein Impfstoff für die Welt.“

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Der mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer muss hingegen in einer konstanten Kühlkette bei rund minus 70 Grad aufbewahrt werden, bevor er eingesetzt wird. Nach derzeitigem Stand könne „BNT162b2″, sobald er den Ort des Impfens erreicht hat, nicht länger als fünf Tage bei zwei bis acht Grad gelagert werden, so der Hersteller.

Der Impfstoff von Moderna ist aufgrund einer synthetischen Verstärkung der RNA offenbar stabiler und deshalb weniger anspruchsvoll als der von Biontech/Pfizer. Laut dem US-Konzern ist „mRNA-1273″ vergleichsweise lange bei normaler Kühlschranktemperatur in pharmazeutischen Gefrier- und Kühlschränken lagerbar. Man gehe davon aus, dass das Mittel 30 Tage lang bei Temperaturen von zwei bis acht Grad stabil bleibe. Bei minus 20 Grad Celsius könne der Impfstoff bis zu sechs Monate gelagert werden. Bei Raumtemperatur bleibe der Impfstoff bis zu zwölf Stunden stabil.

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Offene Fragen: Ansteckung, Nebenwirkungen und Risikogruppen

Ich gehe davon aus, dass der Schutz nach einer Impfung gegen Covid-19 lange anhält.

Leif Erik Sander, Impfstofforscher an der Berliner Charité

Astra Zeneca berichtet bislang von keinen schweren Nebenwirkungen bei den Studienteilnehmern – wie auch Biontech/Pfizer und Moderna. Beim Vektorimpfstoff und den mRNA-Impfstoffen zeigten sich relativ häufig leichte, grippeähnliche Symptome, die aber nur kurz anhalten. Aber: „Ein Vergleich der Nebenwirkungsraten mit den RNA-Impfstoffen ist bei den vorliegenden Informationen kaum möglich“, räumt Infektiologe Salzberger ein. Auf dieser Grundlage sei auch eine Priorisierung derzeit nicht gut durchführbar. Dabei müssen die nationalen Impfstrategien aufgrund limitierter Impfstoffdosen bald festlegen, welche Personengruppen zuerst Anspruch auf die Impfung haben.

Laut Plan sollen in Deutschland zuerst Risikogruppen die Impfung erhalten, also vor allem die Älteren. Die Herausforderung: Ältere Menschen haben tendenziell schlechtere Impfreaktionen. Astra Zeneca hat da ein positives Signal gesendet und berichtet auf Grundlage erster Studiendaten (Phase II), dass die über 70-jährigen Studienteilnehmer den Impfstoff ähnlich gut vertragen hätten wie die Jüngeren. Auch von einer robusten Immunantwort ist die Rede. Die Zahl der nachgewiesenen, asymptomatischen Infektionen konnte den Oxford-Forschern zufolge ebenfalls reduziert werden. Impfstoffforscher Sander bleibt dazu vorsichtig: „Auch dazu haben wir noch keine konkreten Zahlen vorliegen. Aber sollte sich dies bestätigen, wäre das ein weiterer wichtiger Schritt für die Kontrolle der Pandemie.“

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Die Ergebnisse von Biontech/Pfizer und Moderna lieferten noch keine weiteren Anhaltspunkte zur Wirksamkeit in Risikogruppen, sagte der Virologe Florian Krammer von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York. Da müsse man weitere Daten abwarten. Offen bleibt auch die Frage, inwieweit die Impfstoffe den Krankheitsverlauf abmildern – oder eine Ansteckung mit Sars-CoV-2 grundsätzlich verhindern.

Und nicht zuletzt: Hält die Impfung auf Dauer? Erik Leif Sander ist da für alle Impfstoffkandidaten optimistisch. „Ich gehe davon aus, dass der Schutz nach einer Impfung gegen Covid-19 lange anhält.“ Wie lange genau, sei aber erst mit der Zeit absehbar. Es sei aber damit zu rechnen, dass im Herbst 2021 mit einer zunehmenden Entlastung zu rechnen sei – auch wenn das Virus noch lange weiter in der Bevölkerung zirkulieren werde.

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