Nach Aufhebung der Impfprio: Kassenärztliche Vereinigung befürchtet „Tumulte“

Eine Mitarbeiterin im Gesundheitswesen zieht im Impfzentrum des Rossmann Konzerns eine Spritze mit dem Covid-19 Impfstoff Comirnaty des Herstellers Biontech/Pfizer auf.

Eine Mitarbeiterin im Gesundheitswesen zieht im Impfzentrum des Rossmann Konzerns eine Spritze mit dem Covid-19 Impfstoff Comirnaty des Herstellers Biontech/Pfizer auf.

Ein Impfangebot für jede und jeden bis zum Ende des Sommers, das hat die Bundesregierung im Frühjahr versprochen. Mit dem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK), die Impfpriorisierung ab dem 7. Juni zunächst in Arztpraxen abzuschaffen, rückt die flächendeckende Impfung der Bevölkerung in greifbare Nähe. Theoretisch können sich ab dann alle Bürgerinnen und Bürger für einen Impftermin registrieren lassen.

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Doch nicht alle Bundesländer wollen die Impfpriorisierung aufgeben. Im Saarland, aktuell im Bundesvergleich Impfspitzenreiter mit einer Erstimpfungsquote von 45,2 Prozent, soll die Priorisierung trotz des GMK-Beschlusses weiter gelten. Personen, die der Priogruppen eins bis drei angehören, sollen „weiterhin grundsätzlich prioritär mit Terminen bedacht werden“, heißt es in einer Mitteilung des saarländischen Gesundheitsministeriums vom Donnerstag.

Kassenärzte befürchten „Tumulte“ in Arztpraxen

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Saarland befürchtet, dass es wegen der Aufhebung der Impfreihenfolge am 7. Juni zu „Tumulten“ in den Praxen kommen könnte. Anlass dafür seien „eine Vielzahl von unschönen Szenen, die sich bereits jetzt in den Arztpraxen“ abspielten, wie die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Saarland am Donnerstag in Saarbrücken mitteilte.

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Viele Menschen meinten, dass sie mit der „Ellenbogentaktik“ zu einem schnelleren Termin kommen könnten. Hauptproblem für die Lage sei nach wie vor „der eklatante Impfstoffmangel, den allein die Politik zu vertreten habe“, sagte der KV-Vorsitzende Gunter Hauptmann. Vor diesem Hintergrund die Priorisierung aufzuheben, halte er für wenig seriös.

Saarland will an Impfreihenfolge festhalten

„Für uns gilt, dass wir bei unserer Terminvergabe auf priorisierte Personen ein besonderes Augenmerk richten und diese weiterhin bevorzugt mit Impfterminen versorgen“, sagte die Gesundheitsministerin des Saarlands, Monika Bachmann (CDU). Die Kassenärztlichen Vereinigung (KV) des Bundeslandes unterstützt das Festhalten an der Impfpriorisierung „Es ist uns ein Anliegen, auch weiterhin diejenigen prioritär zu impfen, die den höchsten Schutzbedarf haben“, sagte Joachim Meiser, Vorstandsmitglied der KV Saarland.

Auch in Berlin, wo bereits vor einer Woche die Priorisierung in den Praxen aufgehoben wurde, regt sich Widerstand. Der Wegfall der Impfreihenfolge treffe die Ärztinnen und Ärzte nach Angaben der KV Berlin unvorbereitet. Die KV Berlin befürchtet, dass es zu chaotischen Zuständen in den Praxen kommen könnte und kritisiert die unkoordinierte Vorgehensweise des Berliner Senats.

Falsche Hoffnungen auf schnelle Impftermine

Ähnlich äußert sich der Vorsitzende der KV Brandenburg, Peter Noack: „Die aktuelle Diskussion um die Erweiterung und gar Aufgabe der Priorisierung ist aus unserer Sicht wenig zielführend – wenn nicht sogar populistisch.“ Durch die Ankündigung der Aufhebung der Priorisierung würden in der Bevölkerung „falsche Hoffnungen auf sehr schnelle Impftermine geweckt, die nicht erfüllt werden können“, befürchtet Noack.

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Das größte Problem sei nach wie vor der mangelnde Impfstoff. Erst am Donnerstag wurde bekannt, dass der Impfstoff-Hersteller Biontech seine Liefermengen für Juni erneut nach unten korrigiert hat. Die nach wie vor geringen Impfstoffmengen seien nicht einmal ausreichend für diejenigen, die jetzt bereits priorisiert geimpft werden können, sagt Noack. „Erst wenn gesichert und dauerhaft ausreichend Impfstoff verfügbar ist, sollte die Priorisierung fallen“, fordert er.

NRW: Sonderimpfangebot für bestimmte Gruppen

In Nordrhein-Westfalen wird am 7. Juni die Impfpriorisierung in den Arztpraxen und den Impfzentren aufgehoben. Ziel sei es, alle Strukturen, die für die Impfung gegen das Coronavirus genutzt werden können, in die Impfstrategie einzubinden, wie eine Sprecherin des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums erklärt. Das Land behalte sich jedoch vor, bestimmten Bevölkerungsgruppen ein „Sonderimpfangebot“ zu unterbreiten.

Andere Länder teilen die Bedenken aus Saarbrücken, Berlin und Potsdam nicht. In Baden-Württemberg und Bayern ist die die Aufhebung der Impfpriorisierung bereits teilweise Realität. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte im Süden dürfen schon seit Mitte Mai von der Impfreihenfolge abweichen.

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Hier können die Praxen ohne Einschränkungen alle zugelassenen Impfstoffe nach eigener Einschätzung an ihre Patienten verimpfen. Ab dem 7. Juni sollen in Baden-Württemberg auch die Impfzentren unabhängig von der Priogruppe impfen dürfen.

„Die Praxen werden seit Wochen überrannt, daran hat auch die Aufhebung der Impfpriorisierung nichts geändert“, sagt Kai Sonntag, Sprecher der KV Baden-Württemberg. Die Verantwortung für die Situation liegt laut Sonntag beim Bund, der seine Zusagen für Impfstofflieferungen seit Beginn der Impfkampagne nicht einhält. „Uns wurde versprochen, dass wir Anfang Juni so viel Impfstoff bekommen, dass all unsere Kapazitäten ausgelastet sind“, sagt Sonntag, „jetzt werden wir wieder vertröstet“.

Mit Material der dpa

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