Corona-Frust? Unsere Tipps und Tricks machen nicht nur glücklich, sondern helfen auch beim Durchhalten
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Einfach mal tief durchatmen, loslassen, die Natur genießen: Mit ein paar kleinen Durchhalte-Strategien und Corona-Positivity lebt es sich leichter in der Krise.
© Quelle: imago/Westend61
Hannover. Kein Lächeln, weil Mundschutz, kein kurzer Small-Talk in gemütlicher Runde, keine ausgedehnten Plauderabende mit Freunden – je mehr Zeit vergeht, desto deutlicher wird: Corona kann zuweilen ganz schön zermürbend sein, einsam machen und mächtig auf die Stimmung drücken. Da ist es kein Wunder, dass sich Wartende morgens in der Schlange beim Bäcker anzetern, weil einer den Mundschutz nicht ordnungsgemäß trägt, Menschen sich gar zunehmend in Verschwörungstheorien flüchten, um der ernüchternden Wahrheit nicht ins Gesicht blicken zu müssen oder aber in der Familie immer wieder einen Streit vom Zaun brechen, weil der Frust ja schlicht irgendwo hin muss. Wie es trotz Corona möglich ist, einen kühlen Kopf zu bewahren und positiv in die Zukunft zu schauen, dazu haben einige Menschen ganz eigene Strategien entwickelt – hier unsere ganz persönlichen Positivity-Tricks aus dem RND-Magazin-Team:
Laura (22 Jahre): Ich flüchte jetzt häufiger in die Natur – meist per Fahrrad. Es ist immer ganz schön, wenn ich nicht nur Leuten begegne, die mit Mundschutz rumlaufen. In der Natur ist mir die einstige Normalität noch etwas näher und ich gewinne wieder ein bisschen Abstand von den Corona-Horror-News.
Bei meinen Touren muntert es mich auch auf, dass wieder viel mehr Tiere meinen Weg kreuzen, die ich vorher kaum oder gar nicht mehr gesehen habe. In letzter Zeit habe ich beispielsweise bei uns in der Feldmark so viele Fasane entdeckt, die sich ja vorher immer versteckt gehalten haben. Das macht mir obendrein ein bisschen Mut, dass sich die Natur in der Corona-Zwangspause wieder erholt, und ich hoffe inständig, dass wir daraus auch etwas lernen!
Kulturelle Highlights und kulinarische Finessen
Mila (30): Die Kultur muss in diesen Zeiten bangen und doch haben sich zahlreiche Museen, Clubs und Theater während der Krise dazu entschieden, ihr Programm kostenlos und für alle verfügbar zu machen. Das finde ich super! Egal ob Berliner Theatertreffen oder der Regelbetrieb von kleinen Schaubühnen – das Schauspiel zieht in den Stream und erreicht mit seinen Stücken ein neues Publikum vor den Bildschirmen. Auch Clubs und DJs animieren mit Aktionen wie „Unitedwestream“ zum Durchhalten und bringen gute Laune in die Wohnzimmer. Welt-Museen wie der Louvre, das British Museum, das Rijksmuseum und die Uffizien laden zu virtuellen Rundgängen, die per Videokonferenz sogar gemeinsam mit Freunden und Familie erkundet werden können. Auf all diese kulturellen Highlights kann ich dieser Tage kostenlos zugreifen – trotzdem ist es wichtig, die Institutionen mit Spenden zu unterstützen.
Was sich außerdem lohnt? Einfach mal als Alternative zum öffentlichen Nahverkehr auf das Rad umsteigen. Mit einem Picknickkorb und einer Decke auf dem Gepäckträger verwandelt sich jede Grünfläche in einen potenziellen Ausflugsort, so kann auch der Mindestabstand gewahrt werden.
Saskia (28): Die alte Normalität bedeutete für mich als gestresste Berufspendlerin: ein schnelles Brötchen auf die Hand, ‘ne Portion Pommes rot-weiß für unterwegs. Denn wer viel in der Weltgeschichte herumturnt, hat an den meisten Tagen in der Woche nur wenig Zeit für das Kredenzen eines Drei-Gänge-Menüs am heimischen Herd. Während der Corona-Krise konnte ich mich als Zuhause-Rumhocker hingegen endlich einmal ausgiebig den wahren Gaumenfreuden widmen. Und so wurde der Bräter für stundenlange Schmor-Aktionen im Backofen entstaubt, der Fisch schon Tage vor dem Mahl in epischer Breite mariniert. Nudeln und Brot kommen nicht mehr aus der Supermarkt-Tüte, sondern werden in liebevoller Handarbeit aus Teig geknetet. Wenn nicht jetzt, wann dann, dachte ich mir? Jetzt schlägt die Stunde der Genießer.
Entspannende Rituale und keine Termindruck
Ben (24): In der Corona-Zeit ist Struktur für mich das A und O – und der beste Tipp gegen Lagerkoller. Auch wenn es verlockend klingt, mal etwas länger zu schlafen, stehe ich jeden Tag früh auf und gehe auch pünktlich ins Bett – und zwar immer zur gleichen Uhrzeit. Außerdem mache ich mir jeden Abend einen Plan für den nächsten Tag, damit ich einen Überblick darüber bekomme, was ich erledigen möchte. Das mag vielleicht alles etwas pedantisch klingen, hat aber viele Vorteile. Seitdem ich einen strukturierten Tagesablauf habe, hat sich mein Schlaf und Wohlbefinden deutlich verbessert. Außerdem habe ich für jeden Tag klare Ziele und fühle mich so motivierter und produktiver.
Seit dem Beginn der Krise habe ich – wie viele andere Menschen auch – mit vielen Sorgen zu kämpfen. Sei es die Familie, die ich schon so lange nicht mehr gesehen habe, die Ansteckungsgefahr, aber auch die Ungewissheit, wann die Krise ein Ende haben wird. Mir wurde schnell bewusst, dass ich diese ganzen negativen Gedanken nicht einfach ablegen kann. In diesen Zeiten habe ich aber ein tägliches Ritual für mich (wieder)entdeckt: Meditieren. Bei der täglichen Entspannungspause habe ich gelernt, mit diesen Sorgen umzugehen. Die Meditation hilft mir dabei, mit mehr Gelassenheit und Geduld durch den Tag zu kommen und wieder positiver zu denken. Dabei reicht es mir schon, zehn Minuten am Tag zu meditieren. Geleitete Meditationen gibt es beispielsweise auf YouTube oder per App.
Anne (34): Ich finde es auch ein bisschen befreiend, keine Termine am Wochenende zu haben. Wer auf keine Geburtstagsfeier geht, muss auch kein Geschenk kaufen. Wer keine Freunde oder Familie besuchen kann, spart sich die Anreise und das Taschepacken. So bleibt mir mehr Zeit für die Familie. Bestimmt werden wir in ein paar Jahren auch mit Wehmut an diese Zwangsentschleunigung zurückdenken.
Außerdem haben wir den Wald neu entdeckt: In der Stadt gibt es ein riesiges Angebot für Kinder – Spielplätze, Erlebnisparcours, Turnhallen. In der Corona-Zeit war lange das meiste davon geschlossen und auch jetzt stellt sich uns die Frage, wie nah wir anderen Kindern kommen möchten. Der Wald aber ist riesig groß und auch in der Stadt recht einsam. Dort lassen sich mit Kindern viele Pflanzen und Tiere entdecken. Außerdem ist die Luft dort gut und wer nur lange genug bleibt, hört statt dem Lärm der Stadt die Stimmen des Waldes. Hört sich kitschig an, ist aber wirklich schön.
Drei Tage lang den gleichen Pullover: Wenn einen im Homeoffice sowieso keiner sieht und auch sonst keine Treffen anstehen, lohnen sich auch keine Gedanken über die Garderobe. Ich ziehe das gleiche Kleidungsstück einfach an, bis es in die Wäsche muss. Das spart morgens so viel Zeit, sodass ich länger frühstücken kann.
Einfach mal loslassen und Spazieren
Caro (42): Ich kann wirklich nur ganz schlecht stillsitzen – so ein Acht-Stunden-Tag im Büro verlangt mir körperlich alles ab – im negativen Sinne. Entsprechend sparsam habe ich dreingeschaut, als quasi von jetzt auf gleich sämtliche sportlichen Aktivitäten, die ich sonst betreibe, plötzlich der Vergangenheit angehörten – wenn auch nur vorerst. Also musste schnellstmöglich Ersatz her. Eigentlich war es meine achtjährige Tochter, die für uns eines Nachmittags Pilates-Amiena auf dem Tablet entdeckt hat. Seither rollen wir die Matte im Wohnzimmer gar nicht mehr ein. Und biegen und dehnen uns mit der stets sanftmütig lächelnden Münchnerin durch „X-Treme Summer Body“, „Straffe Oberarme“ und „Entspannter Rücken“ & Co. Das macht glücklich und zufrieden. Übrigens auch ein Vorteil der Krise, mangels Besuch muss die Bude nicht permanent im vorzeigbaren Zustand sein. Wen stört schon die olle Matte auf dem Boden.
Das führt mich direkt zu Punkt zwei in Sachen Corona-Positivity – meiner wertvollsten Erkenntnis in der „Krise“. Was wirklich immer hilft, wenn der Lagerkoller und absolute Overload droht: einfach mal loslassen, tief durchatmen, die Ansprüche runterschrauben, Druck rausnehmen. Es muss nicht immer alles super-perfekt sein. Homeschooling, Arbeit, Bude aufräumen, Masken nähen, einkaufen, Freundschaften trotz Social Distancing pflegen – kein normaler Mensch kann all das an nur einem Tag schaffen, es sei denn er heißt Super-Mum oder -Dad. Den Tag entrümpeln, so nenne ich es. Mit dieser Strategie lebt es sich auch in Corona-Zeiten und ganz bestimmt auch darüber hinaus ganz wunderbar. Corona hat es mir beigebracht!
Heidi (25): Was mir total geholfen hat, um trotz Homeoffice eine Struktur zu behalten, war, mich morgens trotzdem zu schminken … Das hört sich erst einmal komisch an, aber das hat das Zuhausesein (um zu chillen) vom Arbeiten unterschieden. Und was natürlich fast schon zum Klassiker geworden ist, aber auch mir sehr geholfen hat, ist das Spazierengehen. Teilweise war ich mehrere Stunden am Stück unterwegs, und ich habe, glaube ich, das erste Mal seit etlichen Jahren bemerkt, wie sich die Natur im Frühling verändert. Total krass, wie grün von einen auf den anderen Tag alles war. Ich will versuchen, das auch nach Corona beizubehalten, um so auch die anderen Jahreszeiten wieder mehr wahrzunehmen – und eben nicht nur warm und kalt. Ansonsten bin ich komischerweise echt sparsam und sogar ein bisschen geizig geworden. Das ist zwar nicht so gut für die Wirtschaft, aber für mich!
Blumenmeere, Berge erklimmen und Zukunftspläne schmieden
Martina (46): Blumen machen meinen Alltag gerade definitiv erträglicher – ich habe meinen Balkon üppig bepflanzt. So habe ich das Gefühl, mir etwas Schönes zu gönnen, außerdem freue ich mich jedes Mal, wenn ich vom Schreibtisch nach draußen schaue.
Außerdem wandle ich bei meinen Entdeckungstouren immer mal auf neuen Pfaden. Ich gehe viel spazieren, unternehme kleine Radtouren und probiere dabei oft neue Wege aus. Damit der Alltag nicht ganz so fad und einerlei ist.
Michèle (28): Wann immer mir wegen der anhaltenden Arbeit im Homeoffice und dem Mangel an Freizeitmöglichkeiten gerade die Decke auf den Kopf fällt, ziehe ich meine Wanderschuhe an und verbringe einen Tag in den Bergen. Der Harz hat zum Beispiel wunderschöne Ecken und unzählige Wanderwege für jeden Schwierigkeitsgrad. Raus, Laufen und frische Luft atmen – das macht den Kopf wieder richtig frei.
Außerdem hilft mir, Pläne für die Zukunft zu schmieden. Auch wenn vermutlich so bald kein transatlantischer Urlaub möglich ist, muss es kein Sommer auf Balkonien werden. Deshalb plane ich in diesem Jahr Urlaub in Deutschland – ganz altmodisch, auf einem Campingplatz. Durch diese Vorfreude ist die aktuelle Situation tatsächlich viel erträglicher.
Gesellige Abende im Videochat und neue Autonomie
Daniel (57): Zwar geht es jetzt so allmählich wieder mit Sozialkontakten in abstandswahrender Manier los. Aber Vielen ist es immer noch unwohl, Freunden und Verwandten aus allzu nächster Nähe zu begegnen. Gleichzeitig wird der Wunsch nach einem „bunten Abend“ immer stärker. Bei mir hat sich eine Kombination aus Digital und Analog in diesen seltsamen Wochen bewährt: abendliche Verabredungen mit Freunden zum Weintrinken und Reden. Das Reden funktioniert über eine der ungezählten Videoplattformen – das Trinken muss jeder für sich selbst erledigen. Ein kurzes Anstoßen in Richtung Kamera führt, je nach Dauer des Abends, durchaus zu realitätsnaher Fröhlichkeit und Verbundenheit. Alternativ geht das natürlich auch, indem man einander Cocktailrezepte vorführt – und selbstverständlich auch gänzlich ohne Alkohol. Gemeinsam über mehrere Stunden einen Abend zu verbringen, fühlt sich so echt an, wie es eben geht dieser Tage und schürt die Vorfreude auf reale Begegnungen. Wer übrigens vermeiden möchte, zu viel über Corona zu reden, der kann sich auch vorab auf ein paar spannende Themen-Schwerpunkte verabreden …
Was mir am meisten zu schaffen macht momentan, das ist die völlig ungewohnte Abwesenheit von Autonomie, was die Freiheit der Bewegung nach Nah und Fern betrifft. Das Reisen fehlt mir ungeheuer – aber auch da lassen sich die aktuellen Gegebenheiten in ein positives Licht rücken. Endlich mal die digitalen Fotos und Videoclips aus den vergangenen Urlauben vernünftig sortieren und ausmisten. Da wird aus ein, zwei Jährchen schnell eine virtuelle Weltreise. Die lässt sich zu Hause übrigens bestens begleiten mit vielen „Weißt-Du-Nochs“ und „Das müssen wir beim nächsten Mal machen“. Fortgeschrittene zaubern dann noch ein paar Tapas à la Barcelona oder Pastrami-Sandwiches nach Art von „Katz‘ Delicatessen“ in New York auf den Tisch – und schon durchflutet der Duft der weiten Welt das heimische Quarantäne-Quartier.
Neue Sichtweisen und sich im Nichtstun üben
Vanessa: (36): Manchmal kommt es nur auf die Sichtweise an. Dass ich mich nicht mit Freunden und Familie so treffen kann, wie ich es möchte, finde ich auch schade. Aber ich versuche, eher das Positive daran zu sehen. Denn endlich habe ich Zeit für all die Dinge, die ich sonst nie schaffe. Daher habe ich mir ein Malbuch für Erwachsene gekauft – Sie glauben gar nicht, wie entspannend es ist, Blätter in einem Dschungel auszumalen – und auf unserem Balkon wohnt jetzt endlich mal eine Blume. Wenn bisher auch tatsächlich nur eine. Eine Primel im Gummistiefel, um genau zu sein.
David (23): Ich glaube, diese Krise hat vielen von uns gezeigt, was eigentlich unseren Alltag bestimmt. Ich würde sogar einen Schritt weitergehen und behaupten, dass einige jetzt erkannt haben, ob sie überhaupt glücklich und zufrieden sind. Persönlich habe ich festgestellt, dass es einen großen Unterschied zwischen Glück und Zufriedenheit gibt. Ja, ich kann sehr wohl glücklich sein – aber dennoch unzufrieden. Glück ist oft nur ein flüchtiges Empfinden, Zufriedenheit hingegen ist langfristig. Doch es bedarf einer Entscheidung: Ich muss mir selbst gegenüber eine positive Haltung einnehmen, ich muss mir bewusst machen, was ich an meinem Leben schätze. Ich habe in dieser Krise gelernt, dankbar zu sein für das, was ich habe und vor allem zufrieden zu sein mit dem, was ich habe. So kann ich nachhaltig zufriedener und positiver in die Zukunft blicken.
Dazu gehört auch, dass man nicht zu hart mit sich selbst ist. Natürlich sehen wir aktuell verstärkt, welche Aufgaben zu Hause liegen bleiben – der Rasen müsste mal wieder gemäht werden und der Küchenschrank wackelt seit Weihnachten 2017. Ich möchte gar nicht zum Aufschieben von nötigen Arbeiten animieren, aber um den Alltag, der sich momentan eben fast ausschließlich zu Hause abspielt, erträglicher zu gestalten, sollte man sich Erholungsphasen zugestehen. Das ist gerade schwierig, wenn Homeoffice, Freizeitgestaltung und Hausarbeit an einem Ort stattfinden. Deshalb versuche ich mir bewusst zu machen, dass es völlig in Ordnung ist, auch mal nichts zu tun. Ich bemühe mich, das als gewonnene Zeit und nicht als verlorene Zeit anzusehen. Diese Einstellung wird mir auch nach überstandener Krise helfen, da bin ich mir sicher.
RND