Corona: Acht Fragen zur Booster-Impfung – wer braucht wann die dritte Dosis?
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Eine Booster-Impfung kann den Immunschutz gegen Covid-19 erhöhen.
© Quelle: imago images/photothek
Die steigenden Infektionszahlen beunruhigen Bund und Länder. Unter anderem deshalb rufen sie die Bevölkerung nun dazu auf, eine Auffrischungsimpfung nach sechs Monaten wahrzunehmen. Heißt also: Während die Impfkampagne mit den Erstimpfungen noch laufen, läuft parallel die zweite Impfschleife an. Warum braucht es den Booster, wer ist nun zuerst dran – und wo kann man sich ein drittes Mal impfen lassen? Ein Überblick:
1) Wieso braucht es eine Impfauffrischung?
Als die Impfstoffe gegen Covid-19 vor rund zehn Monaten zugelassen wurden, galten sie als hochwirksam, effektiv und sicher. Das stimmt auch heute noch. Die Impfung ist die beste Prophylaxe, um schweres Covid-19 zu verhindern. Aber Forschende wissen inzwischen auch, dass die Delta-Variante, die das Ursprungsvirus verdrängt hat, den eigentlich erwarteten Schutz vor einer Infektion mindert. Die Immunantwort fällt auch bei manchen Menschen wegen Immunschwäche geringer aus. Und die Zahl neutralisierender Antikörper kann mit der Zeit abnehmen – und damit womöglich auch der Schutz vor Krankheit.
Das Gute: Es gibt eine Lösung für diese Probleme – die dritte Impfdosis. Sie regt die Immunantwort erneut an und garantiert einen besseren Schutz vor Erkrankung und Tod, ohne dass sie krank macht wie eine Infektion mit Sars-CoV-2. Das ist vor allem für diejenigen wichtig, die trotz Impfung anfällig bleiben für einen schwereren Covid-19-Verlauf. Daten aus Israel legen zudem nahe, dass viele Auffrischimpfungen in der Bevölkerung dazu führen, dass es weniger Ansteckungen gibt und damit einen eindämmenden Effekt auf die Infektionsdynamik.
2) Wem wird die dritte Dosis in Deutschland empfohlen?
Gesundheitsminister Jens Spahn und einige Bundesländer appellieren an alle, sich sechs Monate nach dem vollen Impfschutz „boostern“ zu lassen. Die Impfverordnung sieht die Möglichkeit für Auffrischungsimpfungen grundsätzlich für alle vor, für die es zugelassene Impfstoffe gibt. Auch die Ärzteverbände haben sich dem nach anfänglicher Kritik angeschlossen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) prüft derzeit noch, ob sie eine Nachimpfung für alle Personen über 18 Jahre empfehlen will – oder vorerst nur für besonders Gefährdete. Aktuell empfiehlt sie folgenden Gruppen eine Auffrischung:
- über 70-Jährigen
- Menschen mit Immundefizienz, also einer Abwehrschwäche, und deren engen Kontaktpersonen. Mit einer relevanten Einschränkung der Immunantwort gehen beispielsweise Immundefekte, Organ- und Stammzelltransplantationen, Krebs und HIV einher.
- Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeeinrichtungen
- Personal von Pflege- und medizinischen Einrichtungen
3) Was ist mit Genesenen?
Wer zur Gruppe der Genesenen gehört, aber sich vor oder nach der Impfung mit Corona infiziert hat, also labordiagnostisch gesichert auch als Genesener gilt, benötigt laut Stiko bislang keine Auffrischimpfung. Eine Reihe von Studien hat inzwischen gezeigt, dass gleichzeitig Genesene und Geimpfte im Besonderen in der Lage sind, Varianten von Sars-CoV-2 effizient zu neutralisieren. Es sei aber andersherum auch nicht notwendig, vor der dritten Dosis eine akut asymptomatische oder unerkannt durchgemachte Infektion labordiagnostisch mithilfe eines Antikörpertests auszuschließen.
4) Wann braucht es die Auffrischimpfung – und mit welchem Impfstoff?
Frühestens sechs Monate nach vollständiger Erstimpfung gegen Covid-19 ist eine Impfauffrischung möglich. Und zwar „unabhängig davon, welcher Impfstoff zuvor verwendet wurde“, sagt die Stiko. Ob nun mit Astrazeneca, Biontech, Moderna oder Johnson & Johnson: Die dritte Dosis soll dann mit einem bereits zugelassenen mRNA-Impfstoff erfolgen – also mit dem Mittel von Biontech oder Moderna.
Wenn man nicht sofort am Stichtag geimpft wird, sondern etwas später, ist das aus immunologischer Sicht wenig problematisch. Die rund sechs Monate Abstand nach der zweiten Impfung seien für Personen ohne Immunschwäche lediglich ein Richtwert, sagt der Immunologe Carsten Watzl. Alles zwischen vier und acht Monaten sei „wohl okay“. Ob man sich infiziere, hänge zudem nicht nur davon ab, wie gut der Immunschutz ist, so der Experte. Sondern auch davon, wie stark man dem Coronavirus ausgesetzt ist. Sprich: Bei steigenden Infektionszahlen steigt auch das Ansteckungsrisiko.
5) Wo wird geimpft – und wie bekommt man einen Termin?
Die erste Anlaufstelle für eine Auffrischimpfung ist der Hausarzt oder die Hausärztin. Wer dort nicht weiterkommt oder keine feste hausärztliche Praxis hat, kann zum Beispiel bei der kostenlosen Hotline 116 117 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung anrufen und nach Terminen fragen. Eine weitere Anlaufstelle ist das vom Bundesgesundheitsministerium betriebene Portal „zusammengegencorona.de“. Dort gibt es zum Beispiel eine interaktive Deutschlandkarte, in der man Links, Telefonnummern sowie konkrete Impfangebote findet.
In der Tat ist die politische Frage, wo erneut im großen Stil und schnell geimpft werden soll, noch offen. Gesundheitsminister Spahn und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dringen auf die Reaktivierung von Impfzentren, welche die Länder zum größten Teil geschlossen hatten. Derzeit impfen rund 30.000 Praxen, was Spahn für zu wenig hält. Auf dem Höhepunkt der Impfkampagne waren es mehr als 70.000.
Gesundheitsminister Spahn: „Die Pandemie ist alles andere als vorbei“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist dem Eindruck entgegengetreten, dass die Corona-Pandemie vorbei sei.
© Quelle: AFP
Zwischen Bund und Ländern sei vereinbart worden, dass die Impfungen in den Arztpraxen verabreicht werden, die Länder aber auch eigene Angebote machen können, etwa mit mobilen Impfteams oder auch der Wiedereröffnung von Impfzentren – hieß es nach einem Treffen der Gesundheitsminister der Länder am Freitag.
6) Kann mit einem anderem Impfstoff als bei der Grundimmunisierung aufgefrischt werden?
Die Stiko sagt: Für die Auffrischimpfung soll möglichst der mRNA-Impfstoff benutzt werden, der bei der Grundimmunisierung zur Anwendung gekommen ist. Das nennen Fachleute homologes Impfschema. Ist das Vakzin aber nicht verfügbar, kann auch der jeweils andere mRNA-Impfstoff eingesetzt werden. Wer mit Biontech vollständig geimpft wurde, kann also auch mit Moderna eine Auffrischung erhalten. Ähnlich sieht es bei den Vektorimpfstoffen aus: Wer vollständig mit Astrazeneca oder Johnson & Johnson geimpft ist, erhält als Auffrischung trotzdem einen mRNA-Impfstoff. Fachleute nennen diesen Mix dann heterologe Immunisierung: wenn also Impfstoffe mit verschiedenen dahinterliegenden Technologien verabreicht werden.
Erste Daten aus klinischen Studien zeigen, dass sowohl das homologe wie das heterologe Impfschema auch bei der Auffrischung sicher, verträglich und wirksam ist. Zu diesem Ergebnis kam jüngst auch das National Institute of Health (NIH) in den USA. In seinem Mitte Oktober auf dem Preprint-Server „medrxiv“ veröffentlichten Report fassen die Autorinnen und Autoren zusammen, dass bei 458 untersuchten Personen mit ganz unterschiedlichem Impfschema bei der dritten Dosis ähnliche und erwartbare Impfreaktionen auftraten: also beispielsweise Schmerzen an der Einstichstelle, Unwohlsein, Kopfschmerzen. Auch die Antikörpertiter konnten bei allen Kombinationen erhöht werden – bei einem heterologen Boost sogar etwas mehr als beim homologen.
7) Wie sieht es beim Mittel von Johnson & Johnson aus?
Beim Vakzin von Johnson & Johnson gilt eine einmalige Dosis als ausreichend, um als vollständig geimpfte Person zu gelten – und beispielsweise von der Testpflicht ausgenommen zu werden. Trotzdem empfiehlt die Stiko, dass sich alle Menschen, die den Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson erhalten haben, ein weiteres Mal impfen lassen sollten. So lasse sich der Impfschutz optimieren. Denn unter den mit diesem Vakzin Geimpften sind verhältnismäßig viele Impfdurchbrüche aufgetreten, es schützt weniger gut als die Mittel von Biontech, Moderna und Astrazenca.
Die Auffrischung kann auch schon vier Wochen nach der Grundimmunisierung passieren – ebenfalls mit einer Dosis von Biontech oder Moderna. Dass sich die Stiko nicht für eine zweite Dosis mit dem Mittel von Johnson & Johnson ausspricht, begründet sie damit, dass noch keine publizierten Originalarbeiten zu diesem Impfschema vorliegen. Lägen die Daten vor und würden vom Gremium positiv bewertet, könne so ein homologes Impfschema acht Wochen nach Erstimpfung erfolgen. Wer sich nach der Impfung nachgewiesenermaßen infiziert hat, braucht keine zweite Dosis.
8) Wann kommen die Impfstoffe der nächsten Generation?
Da Corona bleiben wird und sich in Form von Varianten weiter verändert, tüfteln die größeren Pharmaunternehmen wie Biontech, Moderna und Astrazeneca insbesondere daran, mit Impfstoffen der zweiten Generation einen guten und möglichst langfristigen Schutz vor Mutationen zu bieten. Kleinere Unternehmen und Forschungsgruppen entwickeln zudem spezifische Ansätze. Etwa, um immungeschwächten Menschen zu helfen, die keinen soliden Immunschutz mit den bisherigen Vakzinen aufbauen können. Oder auch, um neben dem Schutz vor Erkrankung auch die Infektion an sich im Körper per Impfung restlos zu verhindern.
Zugelassen ist bislang aber noch kein solches Vakzin. Die Hersteller und Forschenden arbeiten daran noch im Labor, manche auch in klinischen Studien. Die Ergebnisse müssen also vorerst noch abgewartet – und von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) begutachtet werden.
Dieser Artikel wurde am 5. November aktualisiert.