Bill Gates glaubt nicht mehr an weltweite Impfquote von 70 Prozent – warum das Ziel trotzdem wichtig ist
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Bill Gates, Unternehmer und Vorsitzender der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, spricht bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
© Quelle: Sven Hoppe/dpa
Auf einer Podiumsdiskussion der Münchner Sicherheitskonferenz äußert sich der US-amerikanische Unternehmer Bill Gates unter anderem über Corona-Impfstoffe. Der Milliardär glaubt, dass es zu spät ist, eine weltweite Impfquote von 70 Prozent zu erreichen. Ist es überhaupt noch sinnvoll, sich jetzt noch gegen Corona impfen zu lassen?
Neue Varianten bei niedrigen Impfquoten
Die Weltgesundheitsorganisation hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis zur Mitte des Jahres 2022 70 Prozent der Weltbevölkerung geimpft sind. Bill Gates zufolge haben viele Menschen die Corona-Impfung wegen Fehlinformationen aber hinausgezögert, daher habe „die Omikron-Variante die Welt schneller erreicht als die Impfstoffe“. Das bedeutet aber nicht, dass die Corona-Impfung sich jetzt nicht mehr lohnt. Laut WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus gebe eine niedrige Impfrate dem Coronavirus nämlich die Gelegenheit, sich in unterversorgten Gegenden auszubreiten und dort neue Varianten zu bilden.
In Deutschland geht die Zahl der Corona-Impfungen aktuell zurück – zurückzuführen ist das darauf, dass eine Infektion mit Omikron mit einem geringen Risiko assoziiert werde, heißt es in der aktuellen Cosmo-Studie der Universität Erfurt. Studiendaten weisen darauf hin, dass die Virusvariante mit einer geringeren Krankheitsschwere einhergeht.
Allerdings lässt sich aus diesen Beobachtungen kein allgemeingültiger Infektionsverlauf ableiten. Es kann individuell durchaus noch zu schweren Krankheitsverläufen kommen, denn jeder Körper reagiert anders auf das Virus. Eine aktuelle Grafik des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigt außerdem, dass die Wahrscheinlichkeit, wegen einer Corona-Infektion im Krankenhaus versorgt zu werden, nach einer Booster-Impfung sehr gering ist.
Natürliche Immunität ist „sehr variabel“
Eine Infektion mit Omikron ohne Impfung birgt nicht nur die Gefahr, schwer zu erkranken und Spätfolgen zu entwickeln, sondern sie wird allein nicht ausreichen, um dauerhaft vor dem Coronavirus geschützt zu sein. Wer sich mit der Virusvariante angesteckt hat, entwickelt eine vorübergehende Immunität, die aber mit der Zeit nachlässt und auch nicht Infektionen mit anderen Corona-Varianten wie Delta oder Alpha verhindert.
Hinzu komme, dass die natürliche Immunität „sehr variabel“ sei, sagte Infektiologin Marylyn Addo vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Es gibt Infizierte, die haben nach der Infektion eine hohe Zahl an Antikörpern, und es gibt Infizierte, die haben nach der Genesung nur eine geringe Konzentration an Antikörpern im Blut.“ Eine Impfung gegen Covid-19 sorge hingegen für eine „gleichmäßige Stimulation des Immunsystems“. „Eine Immunität durch die Hintertür mit Omikron ist nicht mit dem Schutz einer Impfung mit einem zugelassenen Corona-Impfstoff vergleichbar“, machte Addo deutlich.
Lauterbach zur Corona-Lage: „Sind noch nicht in sicheren Gewässern“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat trotz leicht sinkender Corona-Infektionszahlen zu weiter nötiger Vorsicht gemahnt.
© Quelle: dpa
Expertenrat der Bundesregierung warnt vor BA.2
Auch vor einer Infektion mit der Schwesternvariante von Omikron, BA.2, schützen die Covid-19-Impfstoffe. Für eine ausreichende Immunreaktion sind ebenfalls drei Impfungen notwendig. Der Expertenrat der Bundesregierung warnte in seiner Anfang Februar erschienenen Stellungnahme, dass BA.2 „zu erneut steigenden Inzidenzen“ und „zu einer Verlängerung der Omikron-Welle“ führen könnte. Mit der Omikron-Schwesternvariante könnte das Infektionsrisiko für Ungeimpfte also noch einmal zunehmen. Ob dieses Worst-Case-Szenario tatsächlich eintritt, lässt sich zurzeit nicht vorhersagen.
Selbst wenn eine weltweite Impfquote von 70 Prozent also vorerst nicht erreicht werden würde, wie Bill Gates vermutet, minimiert jede verabreichte Impfdosis das Risiko von schweren Verläufen, Todesfällen oder der Entstehung neuer Mutationen des Coronavirus.
RND/hb/lb