Wegen Blutgerinnseln: Dänemark verhängt zweiwöchigen Impfstopp für Astrazeneca
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Die europäischen Arzneimittelbehörden haben eine Untersuchung des Astrazeneca-Impfstoffes eingeleitet.
© Quelle: Getty Images
Kopenhagen. In Dänemark wird vorübergehend niemand mehr mit dem Corona-Impfstoff des britisch-schwedischen Unternehmens Astrazeneca geimpft. Grund dafür seien Berichte über schwere Fälle von Blutgerinnseln bei Personen, die mit dem Mittel gegen Covid-19 geimpft worden seien, teilte die dänische Gesundheitsverwaltung am Donnerstag mit.
Die Vorfälle sollen jetzt genau untersucht werden. Die europäischen Arzneimittelbehörden hätten vor dem Hintergrund eine Untersuchung des Impfstoffes eingeleitet. Ein Bericht beziehe sich auf einen Todesfall in Dänemark. Man könne jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststellen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Vakzin und den Blutgerinnseln bestehe.
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„Es ist schon früher häufiger vorgekommen, dass man die Impfungen zwischenzeitlich pausiert hat“, sagte Richard Bergström, Schwedens Nationaler Impfkoordinator, dem schwedischen Radiosender Ekot. „In Österreich gab es, soweit ich weiß, vergangene Woche mehrere Fälle. Aber dort nahm man die Impfungen dann wieder auf, nachdem man die Angelegenheit untersucht hatte“, so Bergström. „Wir werden sehen, was die Ema-Untersuchungen ergeben werden. Es ist wichtig, das Ganze behutsam anzugehen und im Zweifel lieber einmal innehzuhalten.“
Gesundheitsminister spricht von Vorsichtsmaßnahme
Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen bestätigte vor Reportern vor einem Krankenhaus im dänischen Herlev, dass die Verabreichung des Astrazeneca-Impfstoffes pausiert werde. Diese Nachricht sei ärgerlich, da man unheimlich abhängig davon sei, dass alle geimpft würden. Gesundheitsminister Magnus Heunicke sprach ebenso wie die Gesundheitsverwaltung von einer Vorsichtsmaßnahme. Die Vorfälle sollten gründlich untersucht werden, schrieb er auf Twitter.
Dänemark setzt Impfungen mit Astrazeneca-Impfstoff aus
In Dänemark wird vorübergehend niemand mehr mit dem Corona-Impfstoff des britisch-schwedischen Unternehmens Astrazeneca geimpft.
© Quelle: dpa
Nach Behördenangaben wird der Stopp zunächst 14 Tage dauern, danach wird geschaut, wie es weitergeht. Es sei wichtig, zu unterstreichen, dass man den Astrazeneca-Impfstoff nicht ablehne, sondern die Verabreichung pausiere. Es sei gut dokumentiert, dass das Mittel sowohl sicher als auch effektiv sei. Man müsse jedoch auf Berichte zu möglichen ernsthaften Nebenwirkungen reagieren.
Mittlerweile sollen sich zudem, so skandinavische Medien, fünf weitere Länder den Vorsichtsmaßnahmen angeschlossen und die Impfungen mit dem Astrazeneca-Vakzin ausgesetzt haben. Dabei handle es sich laut der norwegischen Nachrichtenagentur NTB um Österreich, Estland, Lettland, Litauen und Luxemburg.
Keine Blutgerinnsel bei Impfungen in Großbritannien festgestellt
„Generell finde ich es gut, wenn man im Rahmen der Überwachung der Impfungen auf unerwartete Ereignisse reagiert“, sagte Prof. Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Einen generellen Impfstopp sehe ich aber als Überreaktion, die jetzt natürlich wieder von allen Medien aufgegriffen wird.“
Der Immunologe verweist auf einen Bericht der Medicines and Healthcare products Regulatory Agency zu den Corona-Impfungen in Großbritannien. Dieser zeigt, dass bei rund zehn Millionen verabreichten Impfungen von Astrazeneca bisher keine Blutgerinnsel aufgetreten sind. Die häufigsten Impfreaktionen, die im Zusammenhang mit den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Astrazeneca auftraten, waren Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Müdigkeit, Übelkeit, Fieber, Schwindel, Schwäche, Muskelkater und ein schneller Herzschlag. Diese Symptome seien aber „nicht mit schweren oder dauerhaften Erkrankungen verbunden“, heißt es.
„Es ist wichtig, dass gute Daten gesammelt werden, damit unerwartete Effekte gründlich ausgewertet werden können“, hatte Prof. Andrew Pollard, Direktor der Oxford Vaccine Group und Professor für pädiatrische Infektiologie und Immunologie an der Universität Oxford, gegenüber dem Science Media Center vor Kurzem gesagt. Er hatte die klinischen Studien mit dem Astrazeneca-Impfstoff betreut. „Es beruhigt mich, dass die Gesundheitsbehörden in den verschiedenen Ländern jedes Ereignis untersuchen, um sicherzustellen, dass wir wirklich gute Sicherheitsdaten zu allen eingesetzten Impfstoffen haben.“
Mehr als 140.000 Dänen haben Astrazeneca-Impfstoff erhalten
Im EU-Land Dänemark mit seinen gut 5,8 Millionen Einwohnern haben bislang rund 560.000 Menschen ihre erste Corona-Impfdosis erhalten, knapp 220.000 auch ihre zweite.
Bisher haben etwa 142.000 Menschen ihren ersten Stich mit dem Astrazeneca-Stoff bekommen. Bei mehr als 70 Prozent der bislang verabreichten Impfungen kam das Vakzin von Pfizer/Biontech zum Einsatz, bei vier Prozent das von Moderna. Die Impfkampagne ist in Dänemark zügiger als in Deutschland und den meisten anderen Ländern Europas angelaufen.
Nach Angaben der schwedischen Zeitung „Aftonbladet“ zeigten die Zahlen des schwedischen Arzneimittelamtes, dass das Vakzin von Astrazeneca die proportional meisten gemeldeten Nebenwirkungen verzeichne. Von 85.000 Geimpften hätten 3281 die Behörden von Nebenwirkungen in Kenntnis gesetzt. Bei Pfizer/Biontech waren es 3929 Meldungen auf 443.000 Impflingen, bei Moderna 466 auf 40.000 Impfungen. Überwiegend habe es sich dabei allerdings um Fieber, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Schwindelsymptome gehandelt.
RND/dk/lb/dpa