Antikörper-Studie: 85 Prozent der Corona-Fälle in Ischgl blieben unbemerkt
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Vorerst keine Party mehr in Ischgl: Mit seinen Après-Skibars gilt die Gemeinde als Brennpunkt für die Ausbreitung des Coronavirus in Österreich und Teilen Europas.
© Quelle: Felix Hörhager/dpa
Superspreader-Ereignisse zum Ende der Saison haben den Skiort Ischgl zum Epizentrum und Brennpunkt für die Verbreitung des Coronavirus in Europa gemacht. Knapp 1500 Bewohnerinnen und Bewohner der Tiroler Gemeinde (79 Prozent) nahmen daraufhin an einer Studie der Medizinischen Universität Innsbruck teil. Ein Forscherteam testete sie Ende April auf Antikörper gegen das Coronavirus Sars-CoV-2. Inzwischen liegen erste Ergebnisse aus Studie vor. Ischgl mit seinen Après-Skibars gilt als Brennpunkt für die Ausbreitung des Coronavirus in Österreich und Teilen Europas.
Sie geben Aufschluss darüber, wie hoch der Grad der „Durchseuchung“ der Ischgler Bevölkerung ist. Von den getesteten Ischglern wiesen mehr als 42 Prozent Antikörper im Blut vor. Damit wurden dort verhältnismäßig elf mal so viele Corona-Fälle gemessen wie im Rest Österreichs. Das sei auch der weltweit höchste bisher publizierte Wert, sagte die Direktorin des Instituts für Virologie, Dorothee von Laer, am Donnerstag in Innsbruck.
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Durchseuchung in Ischgl sehr hoch
Antikörper im Blut gelten als Nachweis für eine durchgemachte Corona-Infektion. „Die Antikörpertests, die im Rahmen dieser Studie durchgeführt wurden, bestätigen, dass die Durchseuchung in der Ischgler Bevölkerung tatsächlich hoch ist“, sagte Peter Willeit, Epidemiologe an der Universitäts-Klinik für Neurologie am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. 1473 Probanden waren zwischen dem 21. und 27. April untersucht worden.
Besonders interessant ist laut Peter Willeit auch, dass nur ungefähr 15 Prozent der positiv mit Antikörpern getesteten Personen vorher als Coronavirus-Infizierte bekannt waren. “85 Prozent derjenigen, die die Infektion durchgemacht haben, haben das unbemerkt durchgemacht.”
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Antikörperstudien helfen, Corona-Verbreitung zu verfolgen
Die Studienergebnisse zeigten, dass viele der Corona-Fälle unentdeckt bleiben und unterstrichen die Bedeutung von Antikörperstudien. Diese seien sehr wichtig, um das Fortschreiten der Durchseuchung in der Bevölkerung untersuchen zu können. Trotz des hohen Antikörper-Werts sei aber auch in Ischgl keine Herden-Immunität erreicht. Entscheidend für den Rückgang der Fälle seien die Quarantäne und die soziale Distanz gewesen, hieß es.
Mithilfe von Fragebogen wollten die Forscher der Studie auch Rückschlüsse zum Infektionsverlauf der Betroffenen erheben. Das Symptom, das am spezifischsten für eine Covid-19-Infektion war und woraufhin immer Antikörper gefunden wurden, war der Geruchs- und Geschmacksverlust, so die Studienleiterin Dorothee von Laer vom Institut für Virologie.
Kinder hatten im Vergleich weniger Antikörper im Blut
Ein weiteres Ergebnis der Studie war, dass Kinder und Jugendliche seltener Antikörper gebildet hatten. Laut Studienautoren seien sie im Schnitt ein Drittel weniger häufig infiziert als die Erwachsenen. Der Grund dafür könnte laut Willeit sein, dass die Kinder und Jugendlichen weniger Kontakt zu Infizierten hatten. Möglicherweise sei aber auch eine andere Reaktion des Immunsystems auf das Virus dafür verantwortlich.
Die Forscher und auch das Robert Koch-Institut (RKI) betonen aber auch, dass innerhalb der Wissenschaft noch unklar sei, inwiefern der Nachweis von Antikörpern gegen Sars-CoV-2 auch bedeute, dass jemand nach durchgemachter Infektion immun gegen eine erneute Ansteckung ist.