Willkommen im Leben – mit Barbie ohne Busen
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Die Vielfalt der Gesellschaft: Mattel will sie auch mit seiner Barbiekollektion abbilden. Jetzt legt der Spielzeugkonzern mit der geschlechtsneutralen Version noch eins drauf.
© Quelle: Mattel/dpa
„Wenn die Menschen die Augen schließen und an Barbie denken, sehen sie einen bestimmten Körper. Wenn dieser Körper sich ändert, könnte Barbie an Status verlieren“, schrieb das „Time Magazine“ im Jahr 2016. Der US-Spielzeughersteller Mattel hat trotz heftiger Kritik jahrzehntelang an diesem Credo festgehalten. Gleichberechtigung, Diversity, die Emanzipation der LGBT-Community – egal, was draußen in der Welt geschah: Mattel fertigte munter weiter stereotyp weibliche Puppen mit Riesenbusen und Wespentaille und Proportionen, die so unnatürlich waren, dass ein so gebauter Mensch nicht lebensfähig gewesen wäre.
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Doch jetzt kommt Bewegung ins Spiel: Mit der ersten geschlechtsneutralen Kollektion von Puppen beugt sich der Spielzeugriese dem wachsenden Einfluss von Eltern, Feministinnen und der Body-Positivity-Bewegung. 60 Jahre nach der Geburt von Barbie stecken die Füße erstmals nicht in High Heels, die Brüste sind flach, die Beine vergleichsweise kurz, die Haare sind kurz oder lang. Die Puppen – die laut Mattel keine Barbies sein sollen – können alles sein: Männer, Frauen oder gar transgender. Die Entscheidung bleibt der Fantasie der Kinder überlassen.
Der einzige richtige Schritt – wenn auch zu spät
Mattel macht damit, wenn auch viel zu spät, den einzigen richtigen Schritt. Puppen sollen nach Meinung von Erziehungswissenschaftlern und Genderforschern möglichst so aussehen wie die Kinder, die mit ihnen spielen. Dürre Barbie-Puppen dagegen, das bestätigen Psychologen immer wieder, sind schlecht für das Selbstbewusstsein junger Mädchen – weil sie ein falsches Körperbild vermitteln und ein überzogenes Schönheitsideal über alles stellen. Ähnlich verhält es sich mit vorgegebenen Rollenklischees, die die Barbie bis heute transportiert. Denn Editionen, in denen sie nicht mehr nur weiße, schlanke und große Frauen, sondern auch mollige und kleine Frauen sowie Angehörige unterschiedlicher Ethnien oder gar Menschen mit Handicap darstellte, sind im Handel nur spärlich vertreten. Und auch berufstätig durfte Barbie nur kurz sein – ebenfalls in einer Sonderedition, ergänzend zu der Prinzessin in Pink.
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Der US-Spielzeuggigant bewirbt die neue „Creatable World“ als ein Ergebnis, das gemeinsam mit Forschern und Ärzten entwickelt wurde, die eigens Kinder zu ihrem Wunschspielzeug befragt hätten. „Die Kinder haben keine Lust darauf, dass jemand für sie festlegt, dass Jungen mit Autos spielen und Mädchen mit Puppen“, sagte Mattel-Chefin Kim Culmone der „New York Times“. Das ist keine Überraschung. Denn die Lebenswirklichkeit von Kindern hat sich längst verändert. Viele von ihnen wachsen mittlerweile bei gleichgeschlechtlichen Eltern auf. Mütter wie Väter sind ganz unabhängig vom Geschlecht berufstätig – oder aber bleiben zu Hause bei der Familie. Genau das sollte sich auch in der Welt der Kinder widerspiegeln – und keine alten Rollenklischees, in denen Männer rettende Ritter und Frauen Prinzessinnen sind.