Ein drittes Kind nur, wenn es ein Mädchen wird? Eine Mutter erwägt die Geschlechtsauswahl
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/O7XFQF7KV5GUDPWPUUCGIPFS3A.jpg)
Das Geschlecht eines ungeborenen Kindes zu beeinflussen, ist in Deutschland gesetzlich verboten. Genmedizinische Eingriffe im Ausland sind oft die einzige Hoffnung.
© Quelle: Bruna Bruna/Pixabay
Sie sagen, Sie würden nur dann ein drittes Kind bekommen, wenn es gewiss ein Mädchen werden würde. Was wäre so schlimm an einem dritten Jungen?
An einem dritten Jungen wäre nichts schlimm, ich würde ihn genauso sehr lieben wie meine zwei Söhne. Und trotzdem habe ich große Sehnsucht nach einer Tochter. Die ist so stark, dass wir manchmal an ein drittes Kind denken – obwohl wir eigentlich immer nur zwei wollten. Würden wir uns also für ein drittes Kind entscheiden und es würde ein Junge werden, müsste ich den Traum von einer Tochter endgültig aufgeben, denn vier Kinder wird es definitiv nicht geben.
Warum hätten Sie so unbedingt gerne ein Mädchen? Was ist anders an einem Mädchen als an einem Jungen?
Natürlich sind Jungen und Mädchen in vielen Dingen unterschiedlich – und ich hätte einfach gerne die Erfahrung mit beidem. Hätte ich bereits zwei Mädchen, hätte ich Sehnsucht nach einem Sohn. Manche Menschen verstehen das – die meisten aber nicht. Viele sagen dann, dass es sein kann, dass das Mädchen dann gar nicht mädchenhaft ist – und ob ich damit zurecht kommen würde. Natürlich wäre das total ok für mich – meine Tochter könnte genau so sein, wie sie sein will.
Diese Frauen sehnen sich genauso wie ich nach einem Kind vom anderen Geschlecht und für viele ist es die letzte Möglichkeit noch ein Kind zu bekommen.
In Deutschland ist es verboten, das Geschlecht mittels künstlicher Befruchtung zu beeinflussen. Trotzdem gibt es im Ausland genau dazu die Möglichkeit. Was wissen Sie darüber?
Soweit ich das weiß, ist es überall in der EU gesetzlich verboten, sich das Geschlecht auszusuchen – außer auf Zypern. Das Geschlecht herauszufinden, ist eigentlich recht einfach. Labore, die befruchtete Eier auf Gendefekte untersuchen, können auch das Geschlecht erkennen.
Soweit ich weiß, läuft das alles wie bei einer künstlichen Befruchtung. Die Frau nimmt Medikamente, um möglichst viele Eier zu produzieren. Die werden dann entnommen und mit dem Sperma des Mannes befruchtet. Die Ärzte beobachten dann drei Tage lang, welche Embryos sich gut entwickeln, den besten werden Zellen entnommen und auf Gendefekte und das Geschlecht untersucht. Ein bis vier Eier des gewünschten Geschlechtes werden dann wieder eingesetzt.
Ich weiß von sechs Kliniken auf Zypern, die so eine Geschlechterauswahl via künstlicher Befruchtung durchführen. Das ganze Paket – also Flug, Unterkunft, Medikamente und Eingriff – kostet rund 10.000 Euro.
Sie haben erzählt, dass es auch eine Internet-Gruppe gibt, die sich zu diesem Thema austauscht. Was für Frauen sind das und was sind ihre Beweggründe?
Diese Frauen sehnen sich genauso wie ich nach einem Kind vom anderen Geschlecht und für viele ist es die letzte Möglichkeit noch ein Kind zu bekommen. Natürlich könnte man sich auch einfach von seinem Traum verabschieden – aber wenn man sich einen Traum erfüllen kann, warum sollte man es dann nicht tun? Keine Frau in dieser Gruppe hat irgendwelche religiösen oder kulturellen Gründe dafür.
Hätten Sie ethische Skrupel, eine solche Behandlung bei sich durchführen zu lassen?
Nein, ich habe keine Skrupel vor der Behandlung. Ich habe aber Skrupel, Gesetze zu brechen.
Was sagt Ihr Partner dazu?
Nicht viel im Moment. Er versteht mich und er weiß, dass ich darüber nachdenke und zumindest hat er noch nicht Nein zu der Behandlung gesagt. Ich möchte mich weiterhin darüber informieren, hoffentlich viele Erfolgsgeschichten in der Internet-Gruppe lesen und mich dann in ein bis zwei Jahren entscheiden.
Hätte ich bereits zwei Mädchen, hätte ich Sehnsucht nach einem Sohn. Manche Menschen verstehen das – die meisten aber nicht.
Können Sie verstehen, dass die Geschlechterwahl in Deutschland verboten ist?
Ich wäre dafür, dass ein "Family Balancing" erlaubt wird. Also dass man, wenn man bereits einen Jungen hat, ein Mädchen möglich machen kann – und umgekehrt. Man kann heute ja schon so viel beeinflussen, zum Beispiel durch die ganzen Gendefekt-Untersuchungen – da ist die Geschlechterwahl nicht mehr weit weg.
Ein weiterer Schritt wäre dann das "Designer-Baby" – also dass Eltern Haar-und Augenfarbe bestimmen könnten. Was denken Sie darüber?
Ob man das Geschlecht auswählt oder die Haar- oder Augenfarbe, das sind für mich zwei vollkommen verschiedene Dinge. Nur weil ich Sehnsucht nach einer Tochter habe, will ich sie mir nicht gleich modellieren.
Viele Eltern sagen ja, dass es ihnen total egal ist, welches Geschlecht ihr Baby hat – Hauptsache es ist gesund. Glauben Sie das allen oder trauen sich viele Eltern nicht zu sagen, dass sie durchaus eine Vorliebe haben?
Ich glaube, dass es sicher Menschen gibt, die glücklich sind, auch wenn sie den zehnten Jungen bekommen. Aber ich glaube auch, dass es weit mehr Menschen gibt, die sich eine "ausgeglichene" Familie wünschen – also von jedem Geschlecht ein Kind. Nur traut sich das keiner zu sagen.
Wie es mit Susannes Kinderwunsch weitergeht, lesen Sie am Donnerstag in der Fortsetzung: „Sie wollte unbedingt ein Mädchen, doch dann wurde es ein dritter Junge - eine Mutter erzählt“.