Britische Kultmarke

Triumph stellt Elektromotorrad TE-1 nur als Prototyp vor – und enttäuscht seine Fans

Elektrisches Kraftpaket: Die Triumph TE‑1 weckt viele Begehrlichkeiten, ist aber zum Leidwesen der Fans noch ein Prototyp.

Elektrisches Kraftpaket: Die Triumph TE‑1 weckt viele Begehrlichkeiten, ist aber zum Leidwesen der Fans noch ein Prototyp.

Über mehr als zwei Jahre hat der englische Motorradhersteller Triumph mit regelmäßigen Stellungnahmen, technischen Daten und nicht zuletzt Fotos vom Modell „Projekt TE‑1″ die Hoffnungen auf das erste, noch dazu serienreife Elektromotorrad aus dem Stall der britischen Traditionsmarke geschürt.

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Denn das, was da auf der Homepage von Triumph seit Monaten sukzessive zu sehen und zu lesen war, das machte den Mund in der Tat wässrig. Wie aus einem Guss wirkt die TE‑1, ein Straßen-Naked, wie es sich jeder Triumph-Fan nur gewünscht haben kann, ist die Verwandt­schaft mit der Speed Triple RS doch kaum zu verkennen. Das liegt nicht zuletzt an der Grafik des Frontscheinwerfers, der, wie für die Speed Triple typisch, als Doppelscheinwerfer ausgelegt ist.

Triumph hat sich Elektro-Know-how ins Boot geholt

Aber auch sonst scheint alles zu passen wie der Topf auf den Deckel. Wohl auch, weil man bei Triumph so klug war, sich auf den Feldern, die nicht zur Kernkompetenz gehören, Know-how ins Boot zu holen. So zeichnet Williams Advanced Engineering für die Batterietechnologie verantwortlich, während Integral Powertrain Limited den Elektromotor beisteuert. Und die Warwick Manufacturing Group der Universität Warwick hat ihre Forschungserfahrung auf dem Gebiet der Elektrifizierung eingebracht. Dass zudem mit Innovate UK die Wirtschafts­förderungsagentur der britischen Regierung mit an Bord ist und das Projekt finanziell unterstützt hat, zeigt, welcher Stellenwert Projekt TE‑1 auf der Insel zukommt.

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Die Heckansicht der Triumph TE‑1 inklusive des Ladesteckers auf Tankhöhe.

Die Heckansicht der Triumph TE‑1 inklusive des Ladesteckers auf Tankhöhe.

Natürlich war Triumph selbst zuständig für Fahrwerk und Chassis und hat, wenn man den Worten von Brandon Paasch Glauben schenken darf, das Potenzial jahrzehntelanger Erfahrung voll ausgeschöpft. Der US‑Amerikaner, der 2021 das Daytona-200-Rennen gewinnen konnte, eines der prestigeträchtigsten Straßenrennen überhaupt, und nun für Triumph als Testfahrer im Einsatz ist, bescheinigt der TE‑1: „Ich wünschte, ich hätte die TE‑1 in Daytona gehabt. Diese Beschleunigung in diesem Chassis, wie sie sich in die Kurven legt … wow!“

Hervorragendes Verhältnis von Leistung zu Gewicht

Kein Wunder, dass die Werte der TE‑1 kaum einen Wunsch offen lassen. Triumph nennt eine Spitzenleistung von 177 PS und ein Spitzendrehmoment von 109 Nm, das, da elektrisch, schon ab der ersten Umdrehung anliegt. Damit bewegt sich die TE‑1 auf dem Niveau der Speed Triple 1200 aus eigenem Hause und kann dem Verbrenner mit 3,6 Sekunden von null auf 100 km/h und 6,2 Sekunden von null auf 160 km/h auch in Sachen Beschleunigung annähernd Paroli bieten.

Überzeugend auch das Leergewicht von 220 Kilogramm, ein guter Wert für ein Elektro­motorrad dieser Leistungsklasse. Die TE‑1 sei damit 25 Prozent leichter als vergleichbare derzeit erhältliche E-Motorräder und biete somit ein hervorragendes Verhältnis von Leistung zu Gewicht, so Triumph. „25 Prozent“ – das mag vielleicht ein wenig hochgegriffen sein – die ähnlich leistungsstarke Energica Eva Ribelle liegt bei 260 Kilo –, doch die Tendenz stimmt und zeigt, dass sich in Sachen Batterietechnologie in den vergangenen Jahren eine Menge getan hat.

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Weniger beeindruckend ist dagegen die Reichweite von 161 Kilometern (100 Meilen). Zwar kein schlechter, aber eben auch alles andere als ein Spitzenwert. Andere sind da deutlich besser – oder geben zumindest auf dem Papier vor, deutlich besser zu sein. Dass man dagegen den Akku dank des 360-Volt-Bordsystems in nur 20 Minuten bis auf 80 Prozent aufladen können soll, könnte die in der Elektromobilität vielbeschworene Kaffee-Tank-Pause Realität werden lassen.

Blick ins Cockpit des Prototyps von Triumph.

Blick ins Cockpit des Prototyps von Triumph.

Aber genau hier liegt auch der Haken bei der TE‑1: Realität, die wird der TE‑1 als Serienbike wohl versagt bleiben. Als Triumph im Frühling verkündete, dass man Phase 3 abgeschlossen habe und dass Phase 4, die finale Testphase, unmittelbar bevorstehe, da dürfte wohl kaum ein Leser oder eine Leserin daran gezweifelt haben, dass am 12. Juli 2022 – diesen Tag hatte Triumph für die Präsentation genannt – nicht nur das erste fertige, sondern auch ein vollumfänglich serientaugliches Elektrobike von den Briten präsentiert werden würde.

Ein Serien-Elektrobike von Triumph wird es erst mal nicht geben

Was nun gestern aber tatsächlich verkündet wurde, ist mit „enttäuschend“ wohl noch milde umschrieben. Das Magazin „Motorrad“ spricht gar von einer „mit viel Mühe und Budget aufgeblasenen und nun zerplatzten Seifenblase“. Triumph spricht zwar vom „großen Potenzial von Null-Emissionen-Bikes – sowohl für den Fahrspaß als auch für die Zukunft der britischen Wirtschaft“ und davon, der Prototyp habe „alle Projektziele erreicht“, aber alle diese Vokabeln, ob nun „Prototyp“ oder „Projektziele“ oder „Potenzial“ weisen in die Zukunft.

Heißt nichts anderes, als dass es ein Serien-Elektrobike von Triumph bis auf Weiteres nicht geben wird. Natürlich ist die voll fahrbereite TE‑1 alles andere als heiße Luft, aber eben doch auch weitaus weniger, als die meisten sich erhofft hatten. Schließlich hätte Triumph als erster Traditionshersteller ein serienreifes Elektrobike auf die Räder stellen können, das längst nicht nur die Fans der Speed Triple von der Elektromobilität überzeugt hätte.

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Aber „Motorrad“ liegt wohl nicht falsch mit dem Hinweis, dass Triumph als eher kleiner Motorradhersteller (im Vergleich zu den Konzernriesen aus Japan) mit einem missglückten Start in die Elektromobilität „schneller in den Abgrund gerissen werden kann als ein Akku lädt“. Kompetenz also oder doch Kurzschluss, richtige Managemententscheidung oder die verfehlte Chance, in Sachen Elektromobilität unter den Traditionsherstellern eine Vorreiter­rolle zu übernehmen?

Diese Fragen wird wohl allenfalls die Zukunft beantworten. Allerdings kann man sich schon jetzt durchaus vorstellen, dass der eine oder andere Konkurrent nun erst einmal durchatmet. Schließlich hätte die TE‑1 mit ein wenig mehr Feinschliff, etwa bei der Reichweite, durchaus das Zeug zum (im positiven Sinne) „Aufreger des Jahres“ gehabt.

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