Es begann 1922 im Ford T

100 Jahre Autoradio: der Sound der Straße

Radiotechnik von früher und von heute im Vergleich.

Radiotechnik von früher und von heute im Vergleich.

In diesem Frühjahr feiert das Autoradio seinen 100. Geburtstag. In den Anfängen des mobilen Rundfunkempfangs wurden noch aberwitzig überdimensionierte Apparate in Fahrzeuge eingebaut. Das Hörvergnügen für unterwegs war zudem nur Bastlern und Superreichen vorbehalten. Doch schon bald wurde die Unterhaltungstechnik ein Massenphänomen und das Radio das weitaus begehrteste Ausstattungsextra, welches über Jahrzehnte hinweg aus Autos nicht mehr wegzudenken war. Doch mit dem aktuellen Siegeszug des mobilen Internets könnte das einst unverzichtbare Radio im Auto ein Auslaufmodell werden.

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Als Erfinder des Autoradios gilt George Frost. Als 18-jähriger Schüler und zeitgleich Präsident des Lane High School Radio Clubs in Chicago entwickelte er ein transportables Kofferradio, das er in die Tür eines Ford Model T einbaute. Die Quellen sind nicht ganz eindeutig, doch wohl Anfang April oder Mai 1922 war die Fusion von Radio und Automobil vollbracht. Aus der Zeit erhalten geblieben ist ein Foto, das den Tüftler an seinem Model T mit einem Schild in der Windschutzscheibe zeigt und das erste mit Radio ausgestattete Auto bewirbt.

Bei frühen Autoradios handelte es sich aus heutiger Sicht um plumpe Geräte.

Bei frühen Autoradios handelte es sich aus heutiger Sicht um plumpe Geräte.

Ein Anfang war gemacht, doch es dauerte noch acht weitere Jahre, bis 1930 die Galvin Manufacturing Corporation (GMC) mit dem Modell 5T71 das erste kommerziell erfolgreiche Autoradio auf den Markt brachte. Obwohl das Gerät nach heutigen Maßstäben umgerechnet mindestens 1600 Euro kostete, fand es bald reißenden Absatz. Die Amerikaner ersannen als Bezeichnung für das Gerät ein Kunstwort aus den Elementen Motor und ola – letzteres steht für Schall, Welle. Ende der 1940er-Jahre benannte sich GMC in Motorola um.

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In Europa setzte die Entwicklung etwas später ein. Autospur 5 hieß Anfang der 1930er-Jahre das erste Radiomodell der Firma Ideal, die sich später in Blaupunkt umbenannte. Das 15-Kilo-Ungetüm mit seinen fünf Elektronenröhren konnte die Bordelektronik von Fahrzeugen mit seinem hohen Strombedarf gelegentlich überfordern. Angesichts der für heutige Verhältnisse mehrere Tausend Euro teuren Lösung blieb das Autospur ein absolutes Luxusobjekt.

In der Nachkriegszeit wurden die Geräte kompakter und günstiger, doch vorläufig blieben sie Luxus statt Normalität. Die Zahl der Anbieter günstiger Geräte und die Zahl technischer Innovationen stiegen jedoch rasant. Zu den ersten Exemplaren, die sich vollständig ins Armaturenbrett integrieren ließen, zählte das Becker AS 49, das ab 1950 als Sonderausstattung für den Mercedes 170 S lieferbar war.

Seit 1954 gab es den automatischen Sendersuchlauf

Weitere Meilensteine waren das Blaupunkt A53KU aus dem Jahr 1954 mit automatischem Sendersuchlauf oder das erste Transistorenautoradio von Philips im Jahr 1961. Parallel wurden auch außerhalb des Autos Kofferradios populär. Einige Hersteller verbanden beide Ideen und entwickelten an einem Henkel mitnehmbare Autoradios, die sich auch außerhalb des Fahrzeugs betreiben ließen.

Empfingen die ersten Radios noch Signale im AM-Band, kam in den 1960er-Jahren die Ultrakurzwelle auf, die qualitativ hochwertige Tonqualität („High Fidelity“) mit weniger Rauschen sowie zweikanalige Stereoübertragung erlaubte. Ins Auto zog die Technik 1969 mit dem „Frankfurt Stereo“ von Bosch ein. Mittlerweile hat der digitale Rundfunk seinen terrestrischen Vorläufer abgelöst. Neben der noch einmal besseren Soundqualität bietet der DAB-Standard eine bessere Empfangbarkeit und ein breiteres Senderangebot.

Ab den 1980er-Jahren wurden Autoradios zunehmend digitaler. Damals gehörte das Kassettenlaufwerk zum Standard, Codetechnik war in dieser Zeit ein probater Diebstahlschutz.

Ab den 1980er-Jahren wurden Autoradios zunehmend digitaler. Damals gehörte das Kassettenlaufwerk zum Standard, Codetechnik war in dieser Zeit ein probater Diebstahlschutz.

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Radiohören allein reichte den Autofahrern bald nicht mehr. Bereits Ende der 50er-Jahre kamen Plattenspieler zur Montage unter dem Armaturenbrett auf den Markt, die sich aufgrund ihrer mechanischen Irritierbarkeit aber nie etablieren konnten. 1968 stellte Philips dann den ersten Kassettenspieler fürs Auto vor, der auch auf holpriger Straße nicht ins Stottern kam. Eine ebenfalls hilfreiche Innovation war 1974 die Einführung der automatischen Erkennung von Verkehrsmeldungen über das ARI-System.

Ab den frühen 80er-Jahren deuteten sich bereits die Anfänge des digitalen Zeitalters an. In dieser Zeit kamen Radios mit LCD-Minidisplay in Mode, die Radiofrequenzen digital anzeigten. Zu den großen Innovationen in dieser Zeit zählten etwa die Dolby-Taste zur Rauschunterdrückung oder der Diebstahlschutz per Zahlencode. Letzterer machte das Leben der damals besonders umtriebigen Autoradiodiebe zumindest etwas schwerer.

Anfang der 1990er-Jahre, die Kassette war noch immer unangefochtene Nummer eins, verbesserten sich automatischer Sendersuchlauf oder die Technik für Verkehrsdurchsagen. Das nahende Ende der Kassette deutete sich jedoch bereits Mitte der 80er-Jahre an, als erste CD-Player in Autoradios vollständig integriert beziehungsweise CD-Wechsler angeschlossen wurden. Eine weitere Revolution war ab den 1990er-Jahren zudem der Einsatz von Doppel-DIN-Geräten, die dann über Displays zudem farbige Navigationskarten anzeigen konnten. 1997 folgten dann das bereits erwähnte DAB-Radio und ab 2001 erste Geräte mit MP3-Lesetechnik.

In den 90er-Jahren mauserten sich die Radios zu Multimedia-Alleskönnern.

In den 90er-Jahren mauserten sich die Radios zu Multimedia-Alleskönnern.

In den Nullerjahren wandelten sich die einstigen Radios zu vielseitig talentierten Multimediageräten mit großen Touchscreens, die eher nebenbei außerdem noch mit Radioempfang ausgestattet wurden. Mit USB-Anschluss, DAB, Touchscreen, DVD-Laufwerk, 30-GB-Festplatte und dynamischer Navigation wandelte sich alsbald das einstige Radio endgültig zum digitalen Alleskönner.

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Die digitale Revolution bescherte in rascher Folge viele weitere Innovationen wie Bluetooth-Anbindung, WLAN-Hotspot oder Sprachbedienung. In den 10er-Jahren kamen dann Geräte in Mode, die endgültig auf analoge Tasten verzichteten und stattdessen auf Gestensteuerung setzten und zudem die Einbindung von Smartphones erlaubten.

Dank dieser Konnektivität ist das Internet mittlerweile zum ständigen Begleiter in Automobilen aufgestiegen, was viel Potenzial für weitere technische Entwicklungen mit sich bringt. Dazu gehört auch der Verzicht auf Radioempfangsteile wie etwa bei der Basisversion des Fiat 500e. Hier gibt es lediglich ein Audiosystem, welches den akustischen Input nur noch über verbundene Smartphones bezieht, die auf Wunsch allerdings auch weiterhin lineares Radio via Internet übertragen.

RND/Mario Hommen, SP-X

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