Kein Stern für den Renault Zoe: Eines der beliebtesten E-Autos fällt beim Euro NCAP komplett durch

Der Renault Zoe, eines der beliebtesten Elektroautos, fiel beim „Euro NCAP“-Sicherheitstest glatt durch.

Der Renault Zoe, eines der beliebtesten Elektroautos, fiel beim „Euro NCAP“-Sicherheitstest glatt durch.

Die Nachricht war ein Paukenschlag: Der Renault Zoe, eines des beliebtesten E‑Autos in Europa und in Deutschland ein Bestseller, hat bei einer Überprüfung durch die europäische Crashtestgesellschaft Euro NCAP null Sterne erhalten und damit eines der schlechtesten Ergebnisse in der Crashtestgeschichte eingefahren.

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Auch der Dacia Spring aus demselben Haus erzielte nur einen Stern. „Das ist eine Katastrophe“ sagt Thomas May-Englert, Sprecher von Renault Deutschland, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Man habe nicht damit gerechnet, dass der Zoe nachgetestet werde: „Vor zehn Jahren, als er auf den Markt kam, hatten wir noch die volle Punktzahl.“ Doch mit fortschreitender Digitalisierung hat die Gesellschaft die Kriterien den aktuellen Sicherheitsstandards angepasst und verschärft.

Auch wenn die Crashtestergebnisse für die Zulassung eines Fahrzeugs unerheblich sind, sind sie für die Hersteller als Marketinginstrument von zentraler Bedeutung.

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Ein vernichtendes Urteil

Null Sterne beim Euro NCAP-Crashtest sind ein vernichtendes Urteil. Selbst die legendären „China-Kracher“, jene unsicheren Autos, mit denen chinesische Hersteller vor Jahren hierzulande einen Marktstart versuchten und gescheitert sind, haben damals besser abgeschnitten. Wie wichtig den Marken das Ergebnis ihrer Modelle beim Crashtest ist, zeigt ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit: Obwohl die Elektronik noch nicht ausgereift war und häufig Fehler produzierte, drängte VW darauf, dass der Golf 8 noch 2019 auf den Markt kam – um die fünf Sterne beim Crashtest zu erhalten.

Denn 2020 verschärfte die Gesellschaft ihre Testbedingungen und es war nicht klar, ob der Wolfsburger Bestseller die volle Punktzahl erhalten würde. Schon vier Sterne wären aus Sicht des Herstellers ein Imageschaden mit schwer einzuschätzenden Folgen gewesen. Da nahm man lieber Aussetzer der Bordelektronik in Kauf, die sich nach der Markteinführung Schritt für Schritt beheben ließen.

Wer oder was die Euro NCAP ist, dürfte den wenigsten Autofahrern bekannt sein: Hinter dem etwas sperrigen Begriff (European New Car Assessment Programme, zu deutsch: Europäisches Neuwagen-Bewertungs-Programm), steht eine Gesellschaft, die 1996 von europäischen Verkehrsministerien, Automobilclubs und Versicherungsverbänden ins Leben gerufen und in Brüssel angesiedelt wurde.

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Die Aufgabe: Die Organisation soll neue Automobiltypen gezielt crashen und danach anhand der verfügbaren Sicherheitssysteme ihre Sicherheit bewerten. Sie beschreibt ihre Aufgabe selbst so: „Die Sicherheitsbewertung erfolgt durch eine Reihe von Fahrzeugversuchen, die von Euro NCAP erarbeitet wurden und entsprechend durchgeführt werden. Diese Versuche stellen auf vereinfachtem Weg die häufigsten Unfallszenarios aus der Praxis nach, die bei Fahrzeuginsassen oder anderen Verkehrsteilnehmern zu Verletzungen oder zum Tod führen können.“

Totalschaden als Hilfe für den Insassenschutz

Die „Fahrzeugversuche“ enden meistens mit einem Totalschaden, denn nur so lässt sich beispielsweise bewerten, wie gut ein Insassenschutz ist. Obwohl es auch Kritik an der Vorgehensweise gibt, denn für alle Tests werden Dummys eingesetzt, die höchstens 1,75 Meter groß sind und von daher keine verlässliche Aussagekraft über das Verletzungsrisiko für größere oder kleinere Personen haben.

Die Crashtestergebnisse sind bei den Herstellern gesetzt. „Man kann davon ausgehen, dass die Wettbewerber jetzt das Ergebnis vom Renault Zoe für ihre eigene Werbung benutzen werden“, sagt Professor Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach und einer der bekanntesten unabhängigen Automobilexperten. „Das hätte niemals passieren dürfen“. Eine etablierte Automobilmarke wie Renault könne dieses Ergebnis nicht auf sich sitzen lassen: „Sie müssen möglichst bald nachbessern“.

Die Tester hatten bemängelt, dass in der Basisversion des Zoe kein automatischer Notbremsassistent vorhanden ist. Dazu kommen ein schwacher Insassen- und auch ein mangelhafter Fußgängerschutz. Außerdem hat Renault beim Facelift 2020 offensichtlich einen Seitenairbag durch eine schwächere Version ersetzt.

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Sicherheit ist der zentrale Baustein im Fahrzeugbau und hat damit in der Entwicklung oberste Priorität. Dass seit der Einführung des Sicherheitsgurts in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die Zahlen der Verletzten und Toten im Straßenverkehr ständig zurückgegangen sind, liegt nachweislich an der kontinuierlichen Verbesserung der aktiven und passiven Sicherheitssysteme im Auto. Mit Einführung und Ausbau der elektronischen Assistenten sind teilweise spektakuläre Fortschritte gemacht worden, die dementsprechend in die Testszenarien beim Euro NCAP mit eingebaut werden.

„Renault war einst ein Synonym für Sicherheit“

Dass der Renault Zoe so katastrophal abgeschnitten hat, stößt selbst bei den Fachleuten auf Erstaunen. Euro-NCAP-Generalsekretär Michiel van Ratingen kommentiert das Ergebnis: „Renault war einst ein Synonym für Sicherheit. Der Laguna war 2001 das erste Auto, das fünf Sterne erhielt. Aber diese enttäuschenden Ergebnisse für den Zoe und den Dacia Spring zeigen, dass die Sicherheit beim Übergang des Konzerns zu Elektroautos zum Kollateralschaden geworden ist.“

Diese Autos würden nicht nur serienmäßig keine nennenswerte aktive Sicherheit bieten, sondern ihr Insassenschutz sei auch schlechter als bei allen anderen Fahrzeugen, die man seit vielen Jahren gesehen habe: „Es ist zynisch, dem Verbraucher ein erschwingliches, umweltfreundliches Auto anzubieten, wenn der Preis dafür ein höheres Verletzungsrisiko im Falle eines Unfalls ist.“ Welche Konsequenzen, die Geschichte am Ende für den Zoe haben wird, steht sozusagen in den Sternen. Renault Sprecher May-Englert befürchtet, „dass die Kunden darauf reagieren werden“. Besonders ärgerlich: Der Zoe hat tatsächlich einen Notbremsassistenten an Bord. Aber eben nur in den höheren Ausstattungslinien.

 

Die „Euro NCAP“-Bewertungskriterien

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  • Fünf-Sterne-Sicherheit: Hervorragende Gesamtnote für Aufprallschutz und gute Ausstattung mit umfassender und praxisgerechter Unfallvermeidungstechnologie
  • Vier-Sterne-Sicherheit: Gute Gesamtnote für Aufprallschutz und allgemeine Sicherheit; zusätzliche Unfallvermeidungstechnologie kann vorhanden sein
  • Drei-Sterne-Sicherheit: Mindestens durchschnittlicher Insassenschutz, aber nicht immer mit der neuesten Unfallvermeidungstechnologie ausgestattet
  • Zwei-Sterne-Sicherheit: Nomineller Aufprallschutz, aber keine Unfallvermeidungstechnologie
  • Ein-Sterne-Sicherheit: Geringer Aufprallschutz und geringfügiger Einsatz von Unfallvermeidungstechnologie
  • Null-Sterne-Sicherheit: Erfüllt die Typgenehmigungsnormen, deshalb ist der Verkauf gesetzlich zulässig. Wichtige moderne Sicherheitstechnologie fehlt jedoch. Quelle: Euro NCAP

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