Warum sind Smartphone-Games oft schlecht – und kann Apple Arcade das ändern?

„Projection: First Light“ ist eines der Spiele, die derzeit im neuen Abodienst von Apple zur Auswahl steht.

„Projection: First Light“ ist eines der Spiele, die derzeit im neuen Abodienst von Apple zur Auswahl steht.

Hannover. Die populärste Spieleplattform aller Zeiten ist das Handy. Es gibt inzwischen rund drei Milliarden Nutzer – kein Gameboy, kein Playstation-Controller lag je in so vielen Händen. Aber die Plattform hat ein Imageproblem. „Mobile Games sind einfach Mist“, sagte Handyspiel-Entwickler Barry Meade von Fireproof Games – verantwortlich für die populäre Serie „The Room“ – schon vor fünf Jahren.

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Meade hat sein Urteil zwar eingeschränkt: Schlecht seien die Handyspiele im Vergleich zu PC-Spielen. Doch damit gibt er eine Meinung wieder, die unter selbst erklärten Gamern populär ist. Spielefans nehmen das Handy nicht ernst. Wird eine bei Fans beliebte Spieleserie wie etwa „Diablo“ auf dem Smartphone fortgesetzt, müssen sich die Entwickler auf Ablehnung bis hin zum Shitstorm einstellen.

Eignet sich ein Touchscreen nicht für epische Spieleabenteuer?

Woher kommt die Ablehnung? Liegt es am Touchscreen? Das zumindest wird gern behauptet – schließlich sind Handys keine Gamepads mit 17 Knöpfen. Dabei wäre der Touchscreen für viele populäre PC-Genres wie „Strategie“ und „Adventure“ eigentlich ideal. Und auch innovative Rätselspiele wie die Titel der Serie „The Room“ sind ja mit einer Steuerung erfolgreich, die besonders auf dem Touchscreen gut funktioniert.

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Lesen Sie hier: Switch Lite: Nintendo bringt neue Handheld-Konsole raus

Gelegentlich wird auch behauptet, Handys hätten einfach zu wenig Rechenleistung für epische Abenteuer. Doch dieses Argument hat sich mit dem Eintreffen der Nintendo Switch in Luft aufgelöst. Nintendos neue Handheld- und Heimkonsole verkauft sich stark, bisher über 36 Millionen Mal, dabei ist ihr Prozessor schwach. Das technische Innenleben der Switch wird längst von einer ganzen Reihe aktueller Smartphones ein- und überholt. Trotzdem erscheinen hier großartige Spiele, für die Millionen treuer Fans 60 Euro ausgeben, ohne mit der Wimper zu zucken.

Das Geld ist schuld

Vielleicht stimmt eine andere Theorie: Das Geld ist schuld. Wer es auf Handys wagt, für ein Spiel Geld zu verlangen, geht in aller Regel unter. Das Gros der Spiele ist heute gratis, im Fachjargon heißt das Free to Play. 80 Prozent aller Einnahmen mit Spielen kommen inzwischen von Free-to-Play-Titeln. Auch auf PC und Spielekonsolen dominieren längst die vermeintlichen Gratisspiele. Sie werden über Werbung finanziert und über sogenannte Mikrotransaktionen.

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Das sieht man ihnen an – kaum ein Free-to-Play-Titel, der seinen Spielern kein Gedöns gegen Geld anbietet. Beliebte Verkaufsgegenstände sind neue Outfits und Accessoires für die Helden, aber auch Waffen und Erfahrung sind oft käuflich. Wieder andere Spiele belegen ganz normale Interaktionen mit Wartezeit. Das Level noch einmal versuchen? Dauert gerne mal fünf Minuten, es sei denn, man gibt jetzt sofort Geld aus.

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Free-to-Play-Spiele müssen die Spieler bei der Stange halten

Das Free-to-Play-Geschäftsmodell begünstigt bestimmte Arten von Spielen. Aufwendig produzierte Inhalte, die nur einmal zu sehen sind, lohnen sich hier nicht. Die Spiele müssen sich wiederholen, sie müssen ihre Spieler ständig bei der Stange halten. Sie geben dauernd neue Anreize, erstens weiterzuspielen, und zweitens Geld für irgendwelche Inhalte auszugeben. Für manche Spiele funktioniert das gut, etwa für Mehrspieler-Shooter wie „Fortnite“. Aber für Spiele, die langsamer oder komplexer oder nach ein paar Stunden vorbei sind, funktioniert das nicht. Aber solche Spiele sind wichtig. Es sind schließlich die aufwendigen Großproduktionen wie „Zelda“ oder „God of War“, die Menschen dazu bringen, eine Switch oder Playstation zu kaufen. Sie prägen das Image ihrer Plattformen.

„Wirklich schön“ - aber zu teuer

Einer der wenigen Titel, die dagegen das Image des iPhone prägen konnten, war das Kunstspiel „Monument Valley“ des Londoner Studios Ustwo. Die Geschichte des Puzzlespiels lässt sich anhand einer Nutzerwertung nacherzählen, die inzwischen bei Ustwo an der Wand hängt: „Es war wirklich schön, eine der besten Sachen, die ich je auf einem Handy gespielt habe, und es hat mich wirklich bewegt. Ich fand aber den Preis von 4 Pfund zu hoch.“

„Monument Valley“ ist nach ungefähr zwei Stunden vorbei. Für eine Erfahrung dieser Länge ist den Handynutzern aber anscheinend auch der sprichwörtliche Preis einer Tasse Kaffee zu viel. Trotzdem hat das Studio einen neuen Titel, der wieder nur zwei Stunden dauert: „Assemble With Care“ mischt eine melancholische Erzählung über große Lebensthemen mit einem simplen Reparaturspiel. Wer es spielen will, muss wieder 5 Euro bezahlen. Aber diesmal gibt es einen Unterschied, denn das Spiel ist Teil von Apples neuem Angebot: Apple Arcade. Für den Preis bekommen die Spieler nicht nur das eine, sondern mehr als 100 Spiele. Regelmäßig sollen neue nachkommen.

Apple wird zum Spiele-Netflix

Apple Arcade ist ein neuer Abodienst: Für 5 Euro im Monat bekommen Spieler ein von Apple kuratiertes Sortiment an Spielen zum Download. Keines der Spiele enthält irgendwo noch Werbung oder Mikrotransaktionen. Der Konzern bemüht sich um einen Mix der Genres und Stile, aber künstlerisch ambitionierte Spiele wie das von Ustwo sind hier stark vertreten. Apple Arcade ist ein Netflix für Spiele.

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Das neue Apple-Angebot soll ein Gegengewicht schaffen, damit im App Store „auch andere Geschäftsmodelle als Free to Play funktionieren können“, analysiert der branchenerfahrene Journalist Rob Fahey. Die Chancen beurteilt er nüchtern: Eine Nischenexistenz sagt er dem Dienst voraus.

„What the Golf?“ steht bei Abonnenten von Apple Arcade zur Verfügung.

„What the Golf?“ steht bei Abonnenten von Apple Arcade zur Verfügung.

Können die Handyspiele ihr Imageproblem überwinden?

Dabei ist zumindest der erste Eindruck von Apple Arcade stark: Der frisch gestartete Dienst hat einen eigenen Karteireiter im App Store. Der erste Monat ist gratis. Und das Angebot wirkt rund. Hier gibt es nicht nur prätentiöse Kunstspiele, sondern auch den neuen, süchtig machenden Titel der Macher des Handy-Hits „Mini Metro“. Hier gibt es mit „Various Daylife“ ein ausuferndes Fantasy-Rollenspiel von Square Enix, dem Platzhirsch des Genres. Hier gibt es zündende Slapstick-Spiele wie das absurde „What the Golf?“. Selbst neue Spielkonsolen starten in aller Regel nicht mit einer so bunten Auswahl.

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Ob Handyspiele ihr Imageproblem mit solchen Abodiensten überwinden können, ist offen. Immerhin hat Google schon ein Konkurrenzangebot in Aussicht gestellt. Bei Studios wie Ustwo herrscht erst einmal Freude vor: „Das nimmt uns viele Risiken ab“, hat Studio-Kreativchef Dan Gray einem Branchendienst gesagt. Ob er nun floppt oder nicht – zumindest eine Reihe guter Handyspiele wird Apple Arcade der Welt bescheren.

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