Schönheit im Netz zu Höchstpreisen

Digitale Designermode: Was Avatare anziehen

Stoff für virtuelle Welten: Designmarken entwerfen immer öfter Kollektionen nur fürs digitale Ich im Metaverse – teils zu horrenden Preisen.

Stoff für virtuelle Welten: Designmarken entwerfen immer öfter Kollektionen nur fürs digitale Ich im Metaverse – teils zu horrenden Preisen.

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Eine Welt wie aus einem Roman: Tatsächlich wurde der Begriff Metaverse erstmals 1993 in der Science-Fiction-Story „Snow Crash“ von Neal Stephenson verwendet, für eine virtuelle Welt, in die sich die Protagonisten aus ihrem realen Leben flüchten – perfekt für kreative Freiheit. Kein Wunder, dass das Metaverse buchstäblich in Mode ist.

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Wir verbringen viele Stunden des Tages im Internet, und zwar immer öfter in seiner 3.0.-Version. Das Marktforschungsunternehmen Gartner prognostiziert, dass sich 2026 bereits 25 Prozent der Menschen etwa eine Stunde täglich im Metaverse aufhalten werden, um zu arbeiten, zu shoppen, zu lernen oder um unterhalten zu werden. Doch was verbirgt sich genau dahinter? „Heutzutage verstehen wir darunter einen dreidimensionalen digitalen Raum, in dem Leute mit der Hilfe von Virtual-Reality-Technologien miteinander interagieren“, erklärt Marina Baum, Designerin und Professorin für Be­klei­dungs­kon­struk­tion und 3-D-Visualisierung an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. „Sie treffen sich als sogenannte Avatare, als digitale Vertreter.“

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Ganz neu ist das nicht: „Seinen Ursprung hat das Metaverse in den Videospielen, die um die Jahrtausendwende aktuell waren. Allen voran das 2003 veröffentlichte ‚Second Life‘, eine Onlineplattform, auf der zu besten Zeiten rund eine Million aktive Userinnen und User im Monat in Gestalt von Avataren eine virtuelle Welt gestalteten“, erläutert Baum.

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Wer hat den besten Style im Metaverse?

Mittlerweile gebe es viel bessere Software und Technologien. Und weil wir nicht nur auf unserem Instagram- oder Tiktok-Kanal als die beste und schönste Version unserer selbst unterwegs sein wollen und unser Abbild dort deshalb gerne mit Facetuning-Apps oder Filtern optimieren, wird es auch zunehmend wichtiger, welchen Style das digitale Ich im Metaverse pflegt. „Es geht um Individualisierung“, erklärt Designerin Baum, „es fallen diejenigen auf, die einen eigenen Stil pflegen.“ Kleidung spiele, wie auch im analogen Leben, eine große Rolle, da sie als Kommunikationsmedium fungiere, sprich: Über ein besonders gelungenes Outfit wird geredet.

Menschen virtuell einkleiden – das ist ein riesiger Wachstumsmarkt. Die Investmentbank Morgan Stanley schätzt, dass im Jahr 2030 allein die Luxusmodemarken 50 Milliarden US-Dollar im Metaverse umsetzen werden. Luxuslabels wie Balenciaga oder Moncler bieten heute digitale Outfits an, die man auf „Fortnite“ innerhalb eines Spiels erwerben kann. Gucci schuf auf der Spieleplattform Roblox seine Gucci Town, eine virtuelle Piazza, die bereits 18 Millionen Fans verzeichnet. Dort kann man mithilfe eines Layered Clothing Systems Kleidung und Accessoires für jeden Avatar-Körpertyp anpassen.

Stoffe werden aufwendig programmiert

Aber auch der Massenmarkt ist eingestiegen: Die Modekette Zara bot 2022 eine Metaverse Collection namens Lime Glam an. Dabei näherte sich das virtuelle Ich an das physische Ich an, denn man konnte die Kleidung sowohl in einer digitalen als auch in einer Version aus Stoff kaufen. Wer wollte, zog sich also ein limettengrünes Satinkleid an und die Bits-and-Bytes-Ausführung davon seinem Avatar.

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Beim digitalen Design dauere es am längsten, die Kleidung in Bewegung darzustellen, erklärt Baum. „Die Simulation von physikalischen Stoffeigenschaften für den realistischen Fall des Stoffes sowie Erstellung von Oberflächentexturen sind ebenfalls sehr zeitaufwendig.“

Nur echt mit Zertifikat

Bezahlen muss man die Kleidung aus Daten natürlich auch – mit echtem Geld, das zuvor in digitale Kryptowährung umgetauscht wird. Und wie bei einem analogen Haute-Couture-Kleid, das in Hunderten von Stunden von Hand genäht wird, kann auch das digitale Pendant eine astronomische Summe kosten: Die niederländische Virtual-Couture-Marke The Fabricant verkaufte 2019 ein einzelnes digitales Kleid für 9000 Euro. Es handelt sich bei solchen limitierten Stücken um sogenannte Non-Fungible Token (NFT), einzigartige, nicht austauschbare digitale Objekte mit Echtheitszertifikat.

Manchmal haben Menschen das Gefühl, in der Flut der alltäglichen Verpflichtungen zu versinken – selbst, wenn es sich um eigentlich schöne Aktivitäten handelt.

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Reichlich Aufgaben, viel Verantwortung, wenig Zeit: Diese Kombination kann Menschen ausbrennen lassen. In der Arbeitswelt ist der Begriff Burn-out wohlbekannt. Doch auch im Privatleben fühlen sich immer mehr Menschen überlastet. Unsere Autorin Sarah Franke fragt sich: Gibt es auch ein Social Burn-out – und habe ich das auch?

In der Kunstwelt sind NFTs bereits seit Längerem handelsüblich. Diese Dateien werden nun auf einer weltweiten Datenliste in der Blockchain, einem Finanzdienstleistungsunternehmen für Kryptowährungen, eingetragen. Zwar kann man die Bilddatei zum Kleid immer noch mit wenigen Mausklicks kopieren, nicht aber das digitale Zertifikat. „Ein gutes Beispiel für dieses System sind digitale Handtaschen“, sagt Professorin Baum. Wer im realen Leben eine Chanel-Tasche für 5000 Euro kauft, bekommt ein Echtheitszertifikat in Form einer Plastikkarte dazu, auf der die Seriennummer der Tasche steht.

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Könnte digitale Mode das Klima schützen?

Ebenso kann man im Metaverse eine virtuelle NFT-Designerhandtasche erwerben. Von beiden Taschen gibt es günstigere Fälschungen. Der Wert bestimme sich durch die jeweilige Echtheitsgarantie, die on- wie offline bescheinigt, dass es nur eine begrenzte Anzahl dieser Taschen gibt.

Wer teure Taschen im Metaverse trägt, bekommt viel Aufmerksamkeit. Mode im digitalen Raum ist keinesfalls günstiger oder gar demokratischer als die, die im Laden hängt. Was allerdings ein Vorteil sein könne, so Baum, sei, dass der physische Konsum von Menschen, die gerne shoppen, gebremst werde. „Der ganze Herstellungsprozess fällt weg, der enorme Ressourcen verbraucht, ebenso wie das aufwendige Verschicken und vor allem Returnieren von Kleidung.“ Davon profitiere die Umwelt.

Zudem landet aussortierte virtuelle Mode im Windows-Papierkorb und wird nicht auf der Mülldeponie verbrannt. „Dem gegenüber muss man aber auch die riesige Datenflut stellen, die beim Einkleiden von Avataren entsteht. Dabei emittieren ebenfalls enorme Mengen an CO₂″, gibt Baum zu bedenken.

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