Klimaschädliche Emissionen

Der Ofen ist aus: Warum der Gasherd keine Zukunft hat

„Es war noch nie so ­dringend wie heute, die Verschmutzung durch Gasherde für das Klima und die Gesundheit anzugehen“, sagt Brady Seals, Nachhaltigkeitsforscher.

„Es war noch nie so ­dringend wie heute, die Verschmutzung durch Gasherde für das Klima und die Gesundheit anzugehen“, sagt Brady Seals, Nachhaltigkeitsforscher.

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Hohe Flammen schlagen aus der Pfanne. Schnell nimmt der Koch sie vom Herd, auf dem ein bläuliches Feuer brennt. In dem Animationsfilm „Ratatouille“ wird in der Küche eines Spitzenrestaurants flambiert, gebraten und gekocht, was das Zeug hält – und zwar auf einem Gasherd. So wie in vielen anderen Kinofilmen übrigens auch. Wenn dort gekocht wird, dann mit Feuer und Flamme. So etwa im Film „Im Rausch der Sterne“ oder in „Rezept zum Verlieben“ und „Soul Kitchen“. Die Realität sieht hingegen ganz anders aus. Der Gasherd verschwindet zusehends aus privaten Küchen. Das hat auch, aber nicht nur mit der Energiekrise zu tun.

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„Heute sind elektrisch betriebene Kochfelder Standard“, sagt Ronny Pietzner vom Verband der Köche Deutschlands (VKD). In der Vergangenheit seien Gasherde in Gastronomieküchen zwar sehr verbreitet gewesen, weil das offene Feuer und die schnelle, direkte Hitze geschätzt wurden. „Beides birgt aber Gefahren in puncto Sicherheit am Arbeitsplatz“, erklärt Pietzner, Teammanager der deutschen Köchenational­mannschaft: „Die offenen Kochstellen sind unsauberer sowie unsicherer und erzeugen zudem viel eigene Wärme, die mit angenehmen Arbeitsbedingungen in der Profiküche heute nicht mehr zu vereinbaren sind.“

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Nur 6 Prozent aller Herde werden in Deutschland mit Gas betrieben

In Deutschland führen Gasherde auch im privaten Bereich ein Nischendasein. Laut Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche (AMK) sind die Produkt- und Verkaufszahlen sehr gering. Schätzungen gehen davon aus, dass in deutschen Haushalten etwa 6 Prozent aller Herde mit Gas betrieben werden. In anderen Ländern wie Italien und Frankreich sind sie deutlich verbreiteter. In den USA wird sogar in jeder dritten Küche auf offener Flamme gekocht. Dort wird über Gasherde derzeit allerdings heiß diskutiert. Für Neubauten wurden sie in New York sogar verboten, weitere Städte wollen diesem Beispiel folgen.

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Der Grund dafür sind Gase wie Stickstoffdioxid (NO₂), die freigesetzt werden und klima- sowie gesundheits­schädlich sein können. Einer amerikanischen Studie zufolge sind knapp 13 Prozent aller Asthmaerkrankungen bei Kindern auf den Gebrauch von Gasherden zurückzuführen. Sie besitzen damit einen ähnlich schädlichen Einfluss wie das Passivrauchen. Zwar ist diese Ursache-Wirkung-Beziehung wissenschaftlich nicht unumstritten, aber auch das Umweltbundesamt kam in einer Untersuchung zu dem Schluss: „Durch das Kochen und Backen mit Gasherden oder das Rauchen in der Wohnung können kurzzeitig hohe NO₂-Belastungen entstehen.“

Gasherde: Bei Verbrennung werden gesundheitsgefährdende Stoffe freigesetzt

Bei einer Verbrennung werden außerdem Stoffe wie Kohlenmonoxid, Formaldehyd und Feinstäube freigesetzt, die in hoher Konzentration bedenklich sind. Als besonders problematisch werten amerikanische Forschende den Austritt des Gases Methan. Das entweicht selbst dann, wenn der Herd nicht angeschaltet ist, zum Beispiel aus kleinen Lecks. Die klimaschädlichen Emissionen aller Gasherde in den USA seien vergleichbar mit dem Ausstoß an CO₂ von einer halben Million gasbetriebener Autos in einem Jahr, heißt es in einer Studie. „Es war wirklich noch nie so dringend wie heute, die Verschmutzung durch Gasherde für das Klima und die Gesundheit anzugehen“, schreibt Brady Seals, Nachhaltigkeitsforscher und einer der Autoren der Studie. Verbote sind in Deutschland vorerst nicht zu erwarten. Das Umweltbundesamt rät dazu, beim Kochen mit Gas gut zu lüften oder den Dunstabzug einzuschalten.

Laut der Forschungseinrichtung Öko-Institut haben Gasherde energetisch betrachtet aber auch Vorteile. „Die direkte Nutzung von Gas zum Kochen ist – im Vergleich zur Nutzung von Strom – mit nur etwa halb so hohen Umwandlungsverlusten verbunden. Das bedeutet, dass bei einem Gasherd rund 58 Prozent der eingesetzten Primärenergie zum Kochen genutzt wird, beim Elektroherd dagegen nur 30 Prozent.“ Ein positiver Effekt ist zudem, dass keine Restwärme verbraucht wird.

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Gasherd hat keine Zukunft

Unterm Strich hat der Gasherd aber keine Zukunft: Zwar werden nur 0,1 Prozent des verbrauchten Erdgases in Deutschland fürs Kochen verwendet, so das Öko-Institut: „Aus Klimaschutzgründen muss die Verbrennung von fossilem Gas aber bis zum Jahr 2045 grundsätzlich enden.“ Bereits jetzt erhalten immer weniger Neubauten einen Anschluss ans Gasnetz, geheizt wird vor allem mit Wärmepumpen und Fernwärme. Das geplante neue Gebäudeenergiegesetz wird diesen Trend verstärken.

Langfristig heißt es also Abschied zu nehmen vom Gasherd, der hierzulande Ende des 19. Jahrhunderts Verbreitung fand. Vor allem in Städten konnten Gasnetze angezapft werden, die ursprünglich zur Beleuchtung der Straßenlaternen angelegt worden waren. Gasherde waren deutlich sauberer und leichter zu bedienen als Kohleöfen. Der Brennstoff war einfach zu entzünden, Töpfe blieben sauber, und es fiel keine Asche an, die entsorgt werden musste.

Wer viel kocht, weiß auch heute um die praktischen Vorteile des Gasherds: Da sich die Hitze besonders gut regulieren lässt, können Speisen leicht auf den Punkt gegart werden. Lebensmittel wie Fleisch und Gemüse verlieren weniger Flüssigkeit, Struktur und Nährwerte bleiben erhalten. „Manche Köchinnen und Köche schätzen die gleichmäßige Hitzeverteilung und die Tatsache, dass der Topf sehr schnell heiß ist. Anbraten oder Flambieren funktionieren damit gut“, sagt Pietzner. Dass sich das Kochen mit Gasherden grundsätzlich positiv auf die Qualität der Speisen auswirkt, kann er allerdings nicht bestätigen: „Den Geschmack bestimmt in erster Linie die Köchin oder der Koch. Eine direkte Auswirkung auf das spätere Kochergebnis lässt sich meiner Ansicht nach nicht erkennen.“

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„Wer auf einem Gasherd kochen möchte, muss bereit sein, diesen regelmäßig zu reinigen“

Pietzner sieht durchaus auch Nachteile des Kochens mit Gasherden: Die Herausforderung bestehe darin, dass Speisen nicht auf geringer Hitze warmgehalten werden können, sagt er. Öfen können zudem nicht auf Temperaturen unter 140 Grad Celsius eingestellt werden. Außerdem sind die Geräte vergleichsweise aufwendig in der Pflege. „Wer auf einem Gasherd kochen möchte, muss bereit sein, diesen regelmäßig und inklusive des Gehäuses zu reinigen, zum Beispiel wenn etwas überkocht“, erklärt Pietzner. Auch die Brenner müssen regelmäßig gesäubert werden, damit die Düsen nicht verstopfen.

Konkurrenz macht dem Gasherd zunehmend das Kochen mit Induktion: Auch damit lässt sich schnell eine hohe Temperatur erzielen und die Wärme gut regulieren. Die Kochfelder passen sich automatisch der Topfgröße an. Wird mit Strom aus erneuerbaren Energien gekocht, schneiden Induktionsherde energetisch betrachtet deutlich besser ab als Gasherde. Gut möglich also, dass auch in Filmküchen bald keine Flammen mehr hochschlagen. Stattdessen drücken die Köchinnen und Köche dann auf Sensoren moderner Hightechgeräte.

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